Industriedenkmal Projekt will Bergbaugeschichte in der Lausitz erhalten
Was haben 170 Jahre Bergbaugeschichte für Zeugnisse hervorgebracht, und wie kann man sie nach dem Ende der Kohle für die Nachwelt festhalten? Junge Forschende haben dazu in der Brandenburger Lausitz viele Objekte erfasst. Ergebnisse stellen sie jetzt vor.

Lichterfeld - Eine stillgelegte Fabrik, eine als Weinanbaugebiet genutzte Bergbaufolgelandschaft oder ein Tagebausee: Was wird nach dem Ende der Kohleverstromung in der Lausitz von der Geschichte des Bergbaus erlebbar bleiben? Damit beschäftigt sich ein besonderes Projekt. Sechs Forscher und Forscherinnen begleiten den Strukturwandel und erfassen seit zwei Jahren Objekte wie etwa technische Infrastruktur mit Kohlebahnen oder auch Sozialräume wie Siedlungen und Kirchen, die in Verbindung mit dem Tagebau stehen. Am Dienstag stellten die Forschenden, darunter zwei Kunsthistorikerinnen, ein Industrie-Archäologe und ein Digitalhistoriker, in Lichterfeld Resultate aus dem Projekt vor, das noch bis zum Sommer läuft.
Bislang hat das Team laut Projektleiterin Tanja Trittel knapp 2100 Objekte erfasst. Schätzungsweise bis zu 2300 sollen es werden. „Wir möchten schauen, was es für Objekte gibt, die einen Bergbaubezug haben, um das für die Nachwelt festzuhalten“, erläuterte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die Architektin und ihr Team haben für die Arbeit ihr Büro in Großräschen (Oberspreewald-Lausitz) direkt am Tagebausee eingerichtet. Trittel benennt die Kreise Elbe-Elster, Dahme-Spreewald, Oberspreewald-Lausitz und Spree-Neiße sowie Cottbus als Untersuchungsgebiet. Ins Leben gerufen hat das Erfassungsprojekt das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum. Mit dem arbeite das Team eng zusammen, so Trittel.
Zeitgleich bis Sommer 2023 werden auch in den drei weiteren betroffenen Bergbau-Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt Projekte durchgeführt. Finanziert werden sie vollständig vom Bund aus Strukturgeldern. Ziel ist die Veröffentlichung einer kartenbasierten und öffentlich zugänglichen Datenbank, in der alle erfassten Objekte eingetragen werden und beschrieben sind.
Unter den erfassten Bereichen sind auch Tagebaurestlochseen oder touristisch erschlossene Hochkippen. „Unser Team arbeitet interdisziplinär. Einer schaut mehr auf die Technik, andere mehr auf die Landschaft“, beschrieb die Projektleiterin. „Wir haben versucht, alles zu erfassen, was es gibt.“ So sei in Finsterwalde (Elbe-Elster) auch die alte Tuchfabrik in die Erfassung mit aufgenommen worden, denn der Besitzer habe mit Braunkohle seine Maschinen betrieben.
Eine andere Art von Dokumentation betreibt der Fotograf Lorenz Kienzle, der sich seit 30 Jahren der brandenburgischen Energie- und Textilindustrie widmet. Seine Fotografie beinhaltet etwa eine Langzeitdokumentation über das Dorf Horno und dessen Bewohner, die 2004 dem Braunkohletagebau weichen mussten. Der Fotograf stellt Bilder aus den Tagebauen Jänschwalde und Welzow gegenüber. „Orte sind ja immer so Zeitschichten, das Alte und das Neue, die ganze Zeit ist abgebildet, die vergangen ist“, so der Fotograf.