Porträt Porträt: Vom Manager zum Aussteiger und Heiler
München/dpa. - Mit 50 Jahren warf Köhnlechner seinen Job bei Bertelsmann hin undwurde mit einer jährlichen Apanage von einer Million Mark (511 000Euro) zum «Heiler», wie er sich selbst bezeichnete. Er reiste nachHongkong und ließ sich in Akupunktur ausbilden. Nach einemSelbststudium und Privatunterricht bei Ärzten eröffnete er 1972 eineNaturheilkunde-Praxis in Grünwald bei München und vermarktete sichgeschickt.
Begünstigt durch ein steigendes Misstrauen vieler Menschen an derSchulmedizin hatte Köhnlechner als «Wunderdoktor» und Bestsellerautorschnell Erfolg. Offensiv griff er die Ärzteschaft an und hielt ihnenvor: «Unseren Ärzten fehlt die Menschlichkeit.» Zeitweisebeherrschten in den 70er Jahren zwei «Rebellen-Namen» dieGesundheitsdebatten der Boulevardzeitungen in Deutschland: JuliusHackethal und Manfred Köhnlechner.
Köhnlechner nutzte die Macht der Medien gekonnt zurSelbstdarstellung. Für eine Filmszene setzte er der SchauspielerinSenta Berger öffentlichkeitswirksam Akupunkturnadeln, warb mitspeziellen «Köhnlechner-Diäten» für ein Abnehmen durch die vermehrteAusscheidung von «Stoffwechselschlacken» und schwor auf Heilkräuterund Schlangengift gegen Depressionen. Mit prominenten Patienten wieFranz Beckenbauer oder Willy Millowitsch ließ er sich bei seinemFeldzug für die Naturheilkunde ablichten.
Die Schulmediziner nannten den «Heiler» einen «Scharlatan». Der«Naturapostel» Köhnlechner konnte jedoch noch zu seinen Lebzeiten denunaufhaltsamen Aufstieg der Naturheilkunde mitverfolgen. In den vonihm geschaffenen Behandlungszentren drängten sich die Patienten, dieSchulmedizin begann langsam umzudenken. Köhnlechner wollte erreichen,dass die Naturheilkunde an Deutschlands Universitäten zu einemetablierten Studienfach werde. Heute existieren mehrere Lehrstühlefür Naturheilverfahren im deutschsprachigen Raum.
Doch ganz verziehen haben die Medizin-Akademiker dem «Heiler»nicht. Zur Gründung der Köhnlechner-Stiftung 1985 weigerte sich derinternational renommierte Münchner Gerichtsmediziner ProfessorWolfgang Spann, die Festansprache zu halten. Köhnlechner sah darüberdemonstrativ hinweg. Am Mittwoch starb Köhnlechner in Grünwald beiMünchen im Alter von 76 Jahren. Die Naturheilkunde in Deutschlandwird mit seinem Namen eng verbunden bleiben.