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Österreich Österreich: Priesterseminar nach Kinderporno-Skandal geschlossen

12.08.2004, 11:32
Bischof Kurt Krenn (Foto: dpa)
Bischof Kurt Krenn (Foto: dpa) APA FILES

Wien/dpa. - Das durch einen Kinderporno-Skandal in die Schlagzeilen geratene Priesterseminar im niederösterreichischen St.Pölten wird «mit sofortiger Wirkung» geschlossen. Mit dieser amDonnerstag bekannt gegebenen Entscheidung hat der vom Vatikaneingesetzte «apostolische Visitator», Bischof Klaus Küng ersteKonsequenzen aus den Aufsehen erregenden Ereignissen der letztenMonate gezogen. «Auf Grund der Vorfälle ist ein völliger Neuanfang notwendig», betonte der Geistliche rund drei Wochen nach Beginn seiner Untersuchung.

Küng, der auch Bischof der Diözese Feldkirch (Vorarlberg) ist, gabvor Journalisten schonungslos Auskunft über die Vorgänge, die zurEntmachtung des St. Pöltener Bischofs, Kurt Krenn (68), durch Romführten. Der Skandal war im Juli durch Berichte ans Licht derÖffentlichkeit gekommen, wonach Seminaristen Tausende pornografischerBilder und Filme, darunter auch Kinderpornografie, aus dem Internetauf mehrere PCs gespeichert hatten.

Küng bestätigte am Donnerstag, dass in dem Seminar pornografischeBilder «von einigen Seminaristen geradezu "suchtartig" aus demInternet geladen wurden». Wegen der schwierigen Beweislage konnte diePolizei bisher jedoch nur gegen einen Priesterstudenten aus PolenAnzeige erstatten. Acht anderen war der Besitz von Kinderpornografie,der allein strafbar ist, nicht nachzuweisen.

Der als erzkonservativ geltende Küng beklagte auch, dass sichinnerhalb des Priesterseminars «aktive homophile Beziehungengebildet» hätten. Dies sei «sehr schmerzhaft», meinte er.Homosexualität wird in Österreich zwar strafrechtlich nicht verfolgt.Für die Kirche Roms ist sie jedoch eine schwere Sünde. Unter anderemsollen die aus Deutschland stammenden Ex-Leiter der Einrichtung offenhomosexuelle Beziehungen gepflegt haben, was beide jedoch bestreiten.Bilder, die einen Seminarleiter bei intimen Szenen mitPriesterkandidaten zeigen, wurden von Bischof Krenn als«Bubenstreiche» abgetan.

Dass Krenn, der von Papst Johannes Paul II. faktisch suspendiertund mit einem Interview-Verbot kalt gestellt worden ist, für dieZustände verantwortlich ist, bestreitet der päpstlicher «Controller»Küng nicht. Er räumte am Donnerstag «schwerwiegendeFehlentwicklungen» bei der Priesterausbildung in St. Pölten ein. «Zuwenig» habe man auf die erforderlichen Auswahlkriterien für dasPriesteramt geachtet. Dies hatten bereits die österreichischenBischöfe bemängelt, bevor Rom Krenn entmachtete.

Krenn rühmte sich noch vor wenigen Wochen ob der großen Zahl vonStudenten in St. Pölten, während es an anderen Seminaren «oft nurvier oder fünf Anwärter gibt». Was er verschwieg: St. Pölten nahm zurBeseitigung des Priestermangels praktisch alle Bewerber auf, die ananderen Seminaren in Österreich gescheitert waren.

Der «apostolische Visitator» Küng machte angesichts dieserEntwicklung keinen Hehl aus dem Dilemma, in dem seine Kirche steckt.Die Kirche brauche «Persönlichkeiten, die belastbar und gesund sind».Je «bedrängender der Priestermangel wird, desto ausgeglichener,aufrichtiger und tugendhafter müssen jene sein, die Priester werden»,bekräftige er. Deshalb bat der Bischof die Öffentlichkeit auch,«nicht alle über einen Kamm zu scheren». Immerhin war der Skandal vonSt. Pölten erst öffentlich geworden, weil dort im vergangenenNovember 27 Priesterstudenten wegen der Zustände dort Anzeigeerstatteten.