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Nach Erdbeben Nach Erdbeben: Chile geht nach Beben gegen Plünderer vor

01.03.2010, 12:42

Santiago de Chile/dpa. - Nach einem der schwersten registriertenErdbeben geht die chilenische Regierung im Katastrophengebiet gegenPlünderer vor. Sie verhängte den Ausnahmezustand über die besondersbetroffenen Regionen Maule und Bío Bío und entsandte 10 000 Soldaten.Zugleich kündigte Präsidentin Michelle Bachelet am Sonntag (Ortszeit)einen Aktionsplan an, der die Verteilung von Lebensmitteln, Deckenund Medikamenten an Hunderttausende Bedürftige vorsieht.

Die Zahl der registrierten Todesopfer des Bebens der Stärke 8,8vom Samstag wurde mit 711 angegeben. Die Zahl werde in nächster Zeitnoch weiter steigen, sagte Innenminister Edmundo Pérez Yoma. «In denKüstenregionen hat ein Tsunami ganze Ortschaften fortgerissen. Jemehr Zeit vergeht, desto mehr schlechte Nachrichten werden wirbekommen.»

In der Stadt Concepción etwa 500 Kilometer südlich von derHauptstadt Santiago, wo es zuvor zu zahlreichen Plünderungen gekommenwar, leerten sich in der Nacht zum Montag wegen einer Ausgangssperredie Straßen. Nur wenige Menschen wagten sich daher aus den Häusern.Bei der Verteilung von kostenlosen Lebensmitteln kam es jedoch zuRangeleien. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.

Der designierte Präsident Sebastián Piñera kündigte einenWiederaufbauplan für das Land an. Bis zu seinem Amtsantritt in derkommenden Woche stimme er sich mit der amtierenden Staatschefin ab,damit im Kampf um die Überwindung der Katastrophe Kontinuitätgewährleistet sei, sagte Piñera nach Radioberichten vom Montag.

Bachelet bittet Ausland um Hilfe

Erstmals bat Bachelet auch das Ausland um Hilfe. Chile benötigeUnterstützung für Krankenhäuser, Behelfsbrücken,Kommunikationseinrichtungen, Rettungsexperten, Statiker undWasserentsalzungsanlagen. «Die UN, insbesondere derNothilfekoordinator, stehen bereit», sagte Generalsekretär Ban KiMoon in New York. Aus Deutschland waren bereits Helfer nach Chileunterwegs. Aus Argentinien trafen drei Feldlazarette ein.

Auf dem erheblich beschädigten internationalen Flughafen vonSantiago landete am Sonntag erstmals wieder eine Passagiermaschine.Die EU-Kommission gibt drei Millionen Euro als Soforthilfe. ErsteHilfsmannschaften aus Deutschland machten sich auf den Weg insKatastrophengebiet. Über deutsche Opfer lagen dem Auswärtigen Amt inBerlin keine Informationen vor.

Niemandsland im Süden

Vor allem in Maule und Bío Bío gelten zahlreiche Menschen noch alsvermisst. Die genaue Zahl der Obdachlosen war unbekannt. Bachelethatte von 1,5 Millionen zerstörten oder beschädigten Wohnungengesprochen. Die Stadt Concepción, die dem Epizentrum des Bebens amnächsten liegt, hat sich in ein Niemandsland verwandelt. Menschenplünderten Apotheken und andere Geschäfte.

Die Bürgermeisterin Jacqueline van Rysselberghe versuchte, überihr Handy Hilfe von der Zentralregierung in Santiago zu bekommen. Inder Stadt mit mehr als 200 000 Einwohnern gab es weder Strom nochWasser. Bewohner fuhren mit Autos umher, immer auf der Suche nachLebensmitteln oder Medikamenten.

Wassermassen treffen chilenische Küste

Während die befürchteten Riesenwellen über den Pazifik ausblieben,verschlimmerten die Wassermassen in Chile das Elend noch. «Es bebteund dann kam das Meer in unser Haus, es reichte uns bis zum Hals»,sagte eine Einwohnerin von Iloca im Süden des Landes. In der StadtTalcahuano bot sich wie in vielen anderen Küstenorten ein Bild desSchreckens: Während selbst größere Schiffe bis ins Stadtzentrumgeschwemmt wurden, dümpelten Reste von Holzhäusern im Meer.