München München: Dirndl-Gate und Beckstein-Maß auf der Wiesn

München/dpa. - DieKleiderordnung und die Trinkgewohnheiten samt Verkehrsmittel danachstanden am Samstag im Mittelpunkt des Interesses. Wer trägt welchesDirndl, wie viele Maß gibt es - und wie kommt man dann nach Hause,lauteten die Hauptfragen, die Journalisten und Besucher gleichermaßenbewegten.
Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) hatte sich kurz vor derLandtagswahl mit der Aussage in Bedrängnis gebracht, man könne, wennman viele Stunden im Bierzelt sitze, auch nach zwei Maß nochAutofahren - wenigstens dann, wenn der Bierkrug schlecht eingeschenktsei. Schon gilt der Begriff «Beckstein-Maß» für eine mit zu vielSchaum und zu wenig Bier kredenzte Maß. Marga Beckstein wiederumhatte angekündigt, auf keinen Fall im Dirndl zu kommen, und damit fürSchlagzeilen gesorgt.
Der erste offizielle Auftritt der First Lady aus Franken auf derWiesn wird somit mit höchster Spannung erwartet. Alle Augen sind aufsie gerichtet, als sie am Samstag an Becksteins Seite imSchottenhamel-Zelt erscheint - dann einzelne verhaltene Buhrufe. Sieträgt eine pastellfarbene Trachtenjacke mit blumigen Ornamenten undeinen dunklen Rock, ihr Mann zeigt sich im hellen Trachtenanzug. Aufihre Dirndl-Weigerung - schon «Dirndl-Gate» genannt - angesprochengibt sich Marga Beckstein einsilbig. Sie habe das Kostüm gewählt,«weil es mir gefallen hat», gibt sie zu Protokoll. Und auf die Frage,warum sie denn kein Dirndl möge: «Einfach so.» Auch am Sonntag beimtraditionellen Trachtenumzug hält sie an ihrer Linie fest: Aus derweiß- blau dekorierten Kutsche winkt sie in rosa Bluse, grünerTrachtenjacke und dunkler Hose den Schaulustigen zu.
Tatsächlich ist der Begriff Dirndl mittlerweile weit gespannt, erreicht mit etwas Wohlwollen vom zweiteiligen Miederkleid bis zumMini-Dirndl, Frauen wagen sich dazu in schwarzen hochhackigenLederstiefeln genauso auf die Straße wie in goldenen Ballerinas.
Nur das, was Marga Beckstein trägt, geht sicher nicht als Dirndldurch. Dennoch sind am Eröffnungstag alle des Lobes voll für dasOutfit der First Lady. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), derselbst strikt in Lederhose zum Anzapfen kommt, bescheinigt ihr eine«sehr passende Kleidung». «Im Nachhinein frage ich mich, warum dieMünchner CSU-Frauen so einen Aufstand gemacht haben.» Er hatte zuvorbetont, es gebe keine Kleidervorschriften auf dem Oktoberfest. «Jederkann kommen, wie er mag, und zeigen, dass er dazu gehört», sagte Ude,und setzte spitz hinzu: «Man darf aber auch zeigen, dass man nichtdazugehört.»
Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl, selbst im schwarz-goldenen Dirndlpraktisch die Münchner Stadtfarben Schwarz und Gelb veredelnd, hatnichts am Outfit der Ministerpräsidentengattin auszusetzen. «Dasflorale Muster auf hellem Grund passt sehr gut zum hellen, gediegenenTrachtenanzug des Gatten.»
Beckstein selbst sagt, er mache seiner Frau zwar nicht ständigKomplimente. Aber: «Heute früh hab ich gesagt: Schick schaust aus.»Er selbst entschied sich - wie auch Vorgänger Stoiber - für denTrachtenanzug anstelle der Lederhose. CSU-Generalsekretärin ChristineHaderthauer, die sehr kritisch sei, habe gesagt, dass ihm das sehrgut stehe. «Es geht ja auch darum, das man sich wohlfühlt.»
Zwei Maß muss ein Ministerpräsident beim Oktoberfest auf jedenFall zumindest antrinken, denn als Regierungschef erhält ertraditionell die erste frisch gezapfte Maß. Dann später, oben in derRatsboxe, muss er den feiernden Massen mit einer zweiten Maßzuprosten. Ude hatte Becksteins Äußerung, man könne nach zwei Maßnoch autofahren, als «töricht und unverantwortlich» gegeißelt, nunaber prostet er ihm in bester Laune zu. Als Spitze an den FrankenBeckstein hat er zuvor aber eine «oberbayerische Weisheit» zum Bestengegeben: «Wir trinken gern ein Bier. Und noch ein Bier. Und noch einBier - und lassen dann das Auto stehen.» Auch sonst muss Becksteinmit einigem Spott fertig werden.
«Nach zwei Maß fahren wir Auto-Scooter», frotzelt der grüneMünchner Bürgermeister Hep Monatzeder. Und Grünen-Landtagsfraktionschefin Margarete Bause - parteigerecht im grünenDirndl - witzelt: «Eine Maß kostet acht Euro - und zwei Maß kostenden Führerschein.» Derweil macht schon die verschärfte Version dieRunde: «... und zwei Maß kosten die Wahl».
