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Mordanklage Mordanklage: Neuer Prozess um qualvollen Tod der kleinen Karolina

11.05.2006, 08:24
Die Bilder zeigen Karolinas Eltern Zaneta C. (r.) und ihren früheren Freund Mehmet A. im April 2005 auf der Anklagebank im Landgericht Memmingen (Bayern). (Archivfoto: dpa)
Die Bilder zeigen Karolinas Eltern Zaneta C. (r.) und ihren früheren Freund Mehmet A. im April 2005 auf der Anklagebank im Landgericht Memmingen (Bayern). (Archivfoto: dpa) dpa

München/Weißenhorn/dpa. - Die Mutter derDreijährigen und ihr Ex-Freund haben sich vom kommenden Montag (15.Mai) an wegen Mordes vor dem Landgericht München II zu verantworten,nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) das Ersturteil des Landgerichts Memmingen als zu milde aufgehoben hatte. Das Mädchen war Anfang 2004von dem Mann zu Tode gequält worden. Die Mutter hatte es nichtgerettet und niemanden zu Hilfe gerufen.

Das Landgericht Memmingen verurteilte den heute 32 Jahre altenTürken vor gut einem Jahr zu zehn Jahren und drei Monaten Haft, die27-jährige, aus Polen stammende Mutter bekam fünfeinhalb Jahren Haft.Das Gericht sah lediglich eine Körperverletzung mit Todesfolge. Beidem neuen Prozess müssen die Mutter und ihr Ex-Freund mit höherenStrafen rechnen, da ihnen eine Verurteilung wegen Mordes droht.

Karolina hatte vom Neujahrstag 2004 an tagelang ein Martyriumdurchgemacht. Der drogensüchtige und gewalttätige Mann prügelte undquälte das Kind. Er ließ Karolina über Nacht im kalten Keller,verweigerte ihr den Schlaf, riss ihr die Haare aus und fügte ihr amganzen Körper Brandwunden zu. Ein Gutachter hatte ihm bereits imersten Prozess «schwere seelische Abartigkeit» attestiert, seiner Ex-Freundin bescheinigte ein Gutachten große Gefühlskälte.

Oberstaatsanwalt Johann Kreuzpointner hatte in seinem Plädoyer voneiner «Klaviatur mittelalterlicher Folterknechte und Henker»gesprochen. Als Motiv sah er den Wunsch des Angeklagten, die Frauganz für sich zu haben - das sei nur möglich gewesen, wenn Karolinanicht mehr störte. Kreuzpointner hatte für den Mann 13 JahreGefängnis und die Einweisung in die Psychiatrie und für die Mutteracht Jahre Haft verlangt. Kreuzpointner tritt vor dem LandgerichtMünchen II erneut als Ankläger auf. Er hatte gegen das erste UrteilRevision eingelegt.

Die Verteidigung hatte in dem Memminger Prozess für den Haupttätereine Gefängnisstrafe unter zehn Jahren und eine Therapie beantragt.Der Türke hatte Misshandlungen eingeräumt, aber betont: «Ich wollteniemals, dass dieses Kind stirbt.» Karolinas Geschrei habe ihnaggressiv gemacht. Für die Mutter forderte die VerteidigungFreispruch. Sie hatte unter Tränen das Geschehen bedauert undeingeräumt, sie hätte die Polizei verständigen sollen. Sie haben denTod ihres Kindes nicht gewollt, bekräftigte ihr Verteidiger RalfSchönauer vor dem neuen Prozess. Sie habe nicht einschreiten könnenund vor dem hochaggressiven Mann Angst gehabt.

Nach fünftägiger Misshandlung hatte das Paar das bewusstlose,nackte und kahl geschorene Kind am 5. Januar 2004 in einerDamentoilette des Weißenhorner Krankenhauses abgelegt und wargeflüchtet. Die Ärzte konnten das Kind nicht mehr retten, es starbzwei Tages später an Kopfverletzungen. Die Mutter und ihr Freundwurden in Italien festgenommen und später ausgeliefert. Die Frausagte, sie sei mit Drohungen und Gewalt zur Flucht gezwungen worden.

Der Bundesgerichtshof hatte das Memminger Urteil wegenKörperverletzung mit Todesfolge im vergangenen Dezember als teilweise«schwerlich nachvollziehbar» bezeichnet. Es liege eine Verurteilungwegen Mordes nahe. Der Vorsitzende des BGH-Strafsenats Armin Nackäußerte Zweifel, ob dem Mann erneut verminderte Schuldfähigkeitzugebilligt werden könne. Vielmehr hielt der BGH die Anordnung einerbesonderen Schwere der Schuld für angezeigt, die eine vorzeitigeEntlassung nach 15 Jahren nahezu unmöglich machen würde. DasLandgericht München II hat sieben Verhandlungstage angesetzt und willam 24. Mai entscheiden.