Monica Lierhaus Monica Lierhaus: Raus aus dem Kokon

BERLIN/MZ. - Fast eine Woche ist es her, dass sich Monica Lierhaus auf spektakuläre Weise in der Öffentlichkeit zurückgemeldet hat. Weit über eine Million Mal wurden die davon ins Netz gestellten Ausschnitte angeklickt. Kein anderer Beitrag wurde in der ZDF-Mediathek öfter gesehen. Nicht nur in den einschlägigen Illustrierten, auch in Leitartikeln, an Frühstückstischen oder am Arbeitsplatz ist ihr Auftritt bei der Goldenen Kamera Thema. In einem Punkt stimmen alle Kommentatoren überein: im Wunsch, die ehemalige "Sportschau"-Moderatorin möge möglichst bald ganz gesund werden.
Ansonsten gehen die Ansichten über ihren Auftritt weit auseinander. Die einen finden ihn einfach nur bewegend, anderen war die Inszenierung mitsamt öffentlichem Heiratsantrag zu viel des Kitschs. Wieder andere bewundern Lierhaus' Mut, trotz der sicht- und hörbaren Folgen der missglückten Operation vor ein Millionenpublikum zu treten. Und schließlich gibt es jene, die finden, Lierhaus habe in diesem Moment ihre Würde verloren. Man hätte sie vor dieser Zurschaustellung schützen sollen, sie wäre gut beraten gewesen zu warten, bis es ihr besser geht oder hätte sich einen kleineren Rahmen für ihre Rückkehr in die Öffentlichkeit suchen sollen - zum Beispiel eine Talkshow, in der sie hätte sitzen können anstatt im Abendkleid auf die Bühne zu kommen.
Wie in dunkler Kammer
Ein enger Vertrauter von Lierhaus sagt, zuletzt habe die 40-Jährige wie in einem Kokon gelebt - einem Kokon ohne jegliche Energie. Fünfmal in der Reha den Flur hoch- und wieder herunterzulaufen, bringe nun einmal nicht den notwendigen Energieschub für einen weiterhin erfolgreichen Genesungsverlauf. Im Gegenteil: Dort sehe man vor allem mut- und kraftlose, kranke Menschen. Lierhaus sei zuletzt in einer Phase angekommen, in der sie eine Perspektive gebraucht habe und das Gefühl, wieder etwas zu tun, worüber sie sich in ihrem ersten Leben definiert hat und das ihr Spaß bereitet - das sei nun einmal ihre frühere Arbeit als öffentliche Person vor der Fernsehkamera. Mögen ihre Bewegungen, ihr Aussehen und ihre Stimme die Zuschauer auch erschreckt haben, sei diese Demonstration allemal besser, als in eine dunkle Kammer zu verschwinden, in der sie sich ihrer Situation nicht stellen müsste und an Selbstwertgefühl verlöre.
Angesichts ihrer Bekanntheit wäre die Rückkehr in die Öffentlichkeit ohne irgendeine Erklärung ohnehin nicht möglich gewesen, war sich Lierhaus' Umfeld sicher. Als dann vor einigen Monaten die Produzenten der Goldenen Kamera, Vertreter der Firma Angenehme Unterhaltung, mit ihrer Anfrage kamen, habe sich Lierhaus nach reiflicher Überlegung entschlossen, sich in diesem größtmöglichen Rahmen zurückzumelden.
Als Medienrechtler Dominik Höch den Auftritt sah, so erinnert er sich, sei einer seiner ersten Gedanken gewesen: "Jetzt stürzt die ganze Mauer ein, die da mühsam aufgezogen worden war." Bisher sei Lierhaus erstaunlich gut geschützt gewesen. Weder im Kreis ihrer Familie noch der Freunde oder des Arbeitgebers habe es ein Leck gegeben. Detaillierte Berichte über Lierhaus' Erkrankung waren tabu. Medien, die sich nicht daran hielten, mussten Unterlassungserklärungen fürchten, in einem Fall wurde Schmerzensgeld gezahlt.
Künftig, sagt Höch, werde es "schwierig sein, gegen Berichte vorzugehen, die sich mit dem Fortschreiten der Genesung beschäftigen". Mit ihrem Fernsehauftritt und erst recht mit dem offensichtlich mit ihrer Zustimmung entstandenen detaillierten Bericht über den Verlauf der Operation, der Komplikationen und der Reha in einer Boulevardzeitung habe sie dem öffentlichen Interesse sämtliche Schleusen geöffnet.
Als Anwalt könne man in solchen Situationen nur vor den Folgen warnen, sollte irgendwann doch wieder der Wunsch aufkommen, gegen Veröffentlichungen aus dem Privatleben vorzugehen. "Lierhaus hat den wertvollen Schutz ihrer Privatheit jedenfalls in Teilen aufgegeben", sagt Höch. Zwar sei sie gegen Paparazzi-Bilder weiterhin geschützt. "Die Wortberichterstattung über ihre Genesung wird sie jedoch schwerlich untersagen lassen können." Das gelte auch für Berichte, wann, wo und wie die Hochzeit stattfindet.
Ein Stück Normalität
Matthias Prinz gibt sich weniger pessimistisch. Lierhaus' Anwalt jedenfalls sieht "keinen Widerspruch darin, dass wir gegen Veröffentlichungen über Monica Lierhaus' Gesundheitszustand vorgegangen sind und sie nun selbst damit in die Öffentlichkeit geht." Er sagt: "In einer Zeit der Krankheit, Schwäche und Wehrlosigkeit, in der Frau Lierhaus dringend schutzbedürftig war, haben wir sie beschützt. Diese Zeit ist nun vorbei."
Ihr Recht auf Privatheit sieht Prinz nicht verwirkt. " Sollte es zu Eingriffen in die Privatsphäre kommen, werden wir von Fall zu Fall und je nach Schwere des Eingriffs abwägen, ob und wie wir dagegen vorgehen." Aber womöglich wird Lierhaus es ja als ein Stück Normalität genießen. In ihrem Beruf wie auch in dem ihres Lebensgefährten Rolf Hellgardt, Produzent und ehemaliger Chefredakteur des Boulevardmagazins "Blitz", zählt nur eine Währung: Aufmerksamkeit.