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Mode Mode: «Gothic» ist einer der großen Trends der kommenden Saison

Von Stefanie Schütte 11.08.2006, 06:08
Ein Modell im Abendkleid im Gothic-Look aus der Herbst/Winterkollektion 2006/2007 des französischen Modehauses Dior bei den Pret-a-Porter-Schauen in Paris. (Foto: dpa)
Ein Modell im Abendkleid im Gothic-Look aus der Herbst/Winterkollektion 2006/2007 des französischen Modehauses Dior bei den Pret-a-Porter-Schauen in Paris. (Foto: dpa) LE FIGARO

Hamburg/dpa. - Dunkle «Gothic»-Kleidung ist einer der großen Trends der kommenden Saison. Zum Glücknur einer unter mehreren: Neue Sachlichkeit, 60er-Jahre-Chic oderklassische Eleganz lauten die weniger schrillen Alternativen. Und somag man es mit Gelassenheit ertragen, wenn einem plötzlich einAbklatsch von Morticia aus der «Addams-Family» auf der Straßebegegnet.

An die von dem Cartoonisten Charles Addams (1912-1988) ersonneneSchöne mit allerlei skurrilen Gewohnheiten erinnerten die Models mitbis zur Taille reichenden Haaren, blassen Gesichtern und Fledermaus-Gewändern etwa in John Gallianos Schau der Herbst/Winter 2006/7-Kollektion für Dior. Als «Gothic Chic» hatte der Stardesigner diesebetitelt und verpasste seinen Models dabei durch große Sonnenbrillenund Bandanas (Piratentücher) in den Haaren noch etwas Rockstar-Allüre. Gewaltige Mäntel aus Pelzstreifen, schwarze Glitzer-Jeans,blutrote Gewänder und Ketten, an deren Ende Kreuze mit dolchartigzugespitztem Stab hingen, komplettierten den Eindruck dunklerRomantik, der schon die Dior-Couture-Schau für diesen Sommer geprägthatte.

Andere schlugen in die gleiche Kerbe: Karl Lagerfeld verband inseiner eigenen, in New York gezeigten Kollektion schwarze Gothic-Elemente mit elegantem Lagenlook. Newcomerin Jasmine Di Milo (Tochterdes Unternehmers Mohamed Al Fayed und Halbschwester des gestorbenenDodi) hob in Paris mit ihren Entwürfen das surreale Element diesesTrends hervor. Auch bei den italienischen Marken Zucca sowie CostumeNational spielt düstere Melancholie eine große Rolle. Als Feen derFinsternis kleidete Jean Paul Gaultier seine Mannequins.Spinnwebartige Vorhänge, lebende Eulen sowie fedrig-feine Gewändergehörten zur Inszenierung dieser subtil gearbeiteten Kollektion. Undirgendwie dachte man an Bücher wie «Frankenstein», an Dracula undTranssilvanien. Aber auch ein bisschen ans Mittelalter und die echteGotik, der wiederum Miuccia Prada in Mailand in einer wegweisendenKollektion voll Klarheit huldigte.

Natürlich hat das eine mit dem anderen zu tun. Die «Gothic»-Bewegung, die seit über zwei Jahrzehnten durch die Jugendszene spukt,knüpft sowohl an mittelalterliche Elemente als auch an Romantik undSymbolismus an. Allerdings interessiert sie am Mittelalter die Mystikund Düsterkeit und nicht die klösterliche Strenge, die beispielsweisePrada aufnahm. Galliano bezog sich auf diese moderne «Gothic»-Richtung mit ihren Grufties und melancholischen Punk-Typen. Gaultierschließlich erinnerte mit seinen Rüschenkleidern und Samthosen an dieRomantiker des 18. und 19. Jahrhunderts, zu denen auch die Verfasservon «Gothic Novels» wie «Frankenstein»-Erzählerin Mary WollstonecraftShelley (1797-1851) gehören.

Eins verbindet all diese Richtungen: Der Wunsch, dem nüchternenAlltag zu entfliehen. Und der scheint heute besonders stark zu sein.Nicht umsonst boomen Fantasy-Romane oder Filme wie «Da Vinci-Code».Und ähnlich wie Literatur und Kino rührt nun auch die Mode kräftig indem Gemisch von Historischem und Fantastischem. «Human kind cannotbear much reality», dass der Mensch allzu viel Realität nichtertragen könne, hat der Dichter T.S. Eliot (1888-1965) einstgeschrieben. Und da die Mode des kommenden Winters ansonsten eherstreng und nüchtern auftritt, tut ein bisschen Budenzauber ganz gut.