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Metzler-Prozess Metzler-Prozess: Gericht bezweifelt Glaubwürdigkeit

22.04.2003, 08:55
Das Archivbild vom 11.10.2002 zeigt eine Karte und Blumen am Grab des ermordeten Bankierssohn Jakob von Metzler. (Foto: dpa)
Das Archivbild vom 11.10.2002 zeigt eine Karte und Blumen am Grab des ermordeten Bankierssohn Jakob von Metzler. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Main/dpa. - Das Frankfurter Landgericht hat am Dienstag Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Angeklagten im Prozess um die Entführung und Ermordung des Bankierssohns Jakob von Metzler geäußert. «Ich will keinen Hehl daraus machen, dass es für mich sehr schwer ist, die Geschichte mit dem Alkohol nachzuvollziehen und Ihnen zu glauben», sagte der Vorsitzende Richter Hans Bachl zum angeklagten Magnus Gäfgen. Er bezog sich auf die Aussage des Jurastudenten, er habe den Elfjährigen eigentlich mit Wodka betrunken machen wollen, damit der Junge sich später an nichts mehr erinnert. Nach Zahlung des Lösegelds von einer Million Euro habe er sein Opfer wieder freilassen wollen, sagte Gäfgen.

Trotz eindringlicher Nachfragen des Gerichts bestritt der 28- Jährige am dritten Verhandlungstag vor der Schwurgerichtskammer erneut eine Tötungsabsicht. Er sei sich jedoch bewusst gewesen, dass sein «tausendprozentiger» Plan erhebliche Risiken gehabt habe. Bei einem Scheitern wäre er bereit gewesen, «ins Gefängnis zu gehen».

Gäfgen hatte bereits am zweiten Verhandlungstag gestanden, den elfjährigen Jungen unmittelbar nach der Entführung am 27. September vergangenen Jahres in seiner Wohnung getötet zu haben, weil dieser sich gewehrt habe. Die Anklage ist dagegen davon überzeugt, dass der mit Jakob bekannte Gäfgen die Ermordung seines Opfers geplant hatte, um die Entführung zu verdecken.

Der Kammervorsitzende fragte Gäfgen, wieso er nicht damit gerechnet habe, dass ein an Händen und Füssen gefesseltes Kind «zappelt und schreit». Gäfgen hatte den Elfjährigen mit bloßen Händen gewürgt und erstickt. Der Jurastudent räumte ein, dass seine Schilderung der Tatumstände wie eine «Schutzbehauptung» klinge.

Die Räume der angeblich für den entführten Jakob als Versteck ausgesuchten Hütte kannte Gäfgen nach eigenen Worten nur oberflächlich. Er habe auch dort keine speziellen Vorkehrungen für die Unterbringung Jakobs getroffen. Einmal am Tag habe er dem Gefesselten Essen bringen wollen.

Gäfgens Verteidiger Hans Ulrich Endres sagte, er habe seinem Mandanten empfohlen, die Wahrheit zu sagen, auch wenn die Skepsis des Gerichts bei manchen Aussagen durchaus nachvollziehbar sei. Die Verteidigung hofft auch durch Gäfgens Geständnis auf ein milderes Urteil.

Seine «Lügengeschichten» nach der Festnahme rechtfertigte Gäfgen am Dienstag damit, dass er Angst gehabt habe, «was passiert, wenn ich sage, dass Jakob tot ist». Gäfgen hatte sich zuerst als Geldbote bei der Entführung ausgegeben und drei Bekannte beschuldigt. Als ihm am 1. Oktober in der Polizei-Vernehmung mit Gewalt gedroht wurde, nannte er den Aufenthaltsort des Jungen. Die Gewaltandrohung durch die Polizei hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Zu den Umständen bei seiner Festnahme am Frankfurter Flughafen wollte Gäfgen am Dienstag keine Aussage machen. Seine 17-jährige Freundin Katharina P. soll bei der Aktion von Beamten eines Sonder- Einsatzkommandos der Polizei bedroht und nackt ausgezogen worden sein. Außerdem soll ihr nach Aussage ihrer Eltern Vergewaltigung angedroht worden sein. Die Polizei hatte dies zurückgewiesen.

Das Gericht will unmittelbar vor der an diesem Donnerstag geplanten Vernehmung von Katharina P. entscheiden, ob die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird.