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Medien Medien: Musiksender MTV hat seinen Umzug fast erledigt

21.04.2004, 06:52
Die MTV-Moderatoren Nora Tschirner und Christian Ulmen stehen am Dienstag (20.04.2004) vor der neuen MTV-Deutschlandzentrale in Berlin. Das historische Gebäude im Osthafen an der Spree wurde für gut zehn Millionen Euro saniert und befindet sich im Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg. (Foto: dpa)
Die MTV-Moderatoren Nora Tschirner und Christian Ulmen stehen am Dienstag (20.04.2004) vor der neuen MTV-Deutschlandzentrale in Berlin. Das historische Gebäude im Osthafen an der Spree wurde für gut zehn Millionen Euro saniert und befindet sich im Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Wo einst Hafenarbeiter Säcke mit Zucker oder Salz stapelten, hängen nun Scheinwerfer und moderne Studiotechnik. Das frühere Lagergebäude direkt an der Spree im Berliner Osten wird am kommenden Montag (26. April) zur neuen Deutschlandzentrale des Musiksenders MTV - dann ist der erste Arbeitstag für die rund 100 Beschäftigten nach dem Umzug von München. Die schwächelnde Wirtschaft der Hauptstadt hofft damit auf einen weiteren Schub. Denn in die Musikbranche setzt die Stadt nach einer Reihe von Ansiedlungen von Sony bis Universal Music große Erwartungen - zum Ärger konkurrierender Metropolen. Im Herbst startet auch die Musikmesse Popkomm an neuer Adresse in Berlin.

Wenn es um die Standortfaktoren der Hauptstadt geht, kommen die Manager der Musikindustrie geradezu ins Schwärmen. «MTV und Berlin passen zusammen», sagt Sender-Geschäftsführerin Catherine Mühlemann und verweist auf die vielfältige Club- und Szenekultur und überhaupt die sprühende Lebensenergie der Kapitale. Auch im Deutschlandsitz des Musikriesen Universal, der schon seit zwei Jahren am Spreeufer residiert, schätzt man das Umfeld vor allem für die kreativen Mitarbeiter. So etwas finde sich sonst nirgendwo in Deutschland.

Bei aller Begeisterung treiben die Unternehmen aber natürlich auch wirtschaftliche Gründe - gerade angesichts einbrechender Umsätze und massenhafter illegaler CD-Kopien. MTV will im neuen Hauptquartier für sein deutschsprachiges Programm die bisher auf München, Berlin, Hamburg und London verteilten Aktivitäten stärker bündeln. Die Trennung sei auf Dauer sehr teuer, sagt eine Sprecherin. Zwar bleibe die Produktion des zweiten Programms MTV Pop vorerst in Hamburg. Geplant sei aber, später auch das Sendezentrum aus London umzusiedeln.

Das denkmalgeschützte Gebäude im Osthafen, in das MTV zur Miete zieht, wurde eigens für zwölf Millionen Euro herausgeputzt. Zwar lässt sich der Musikkanal nicht in die Kalkulation blicken. Kein Geheimnis ist aber, dass Berlin mit günstigen Konditionen wuchern kann und es auch tut. Der Ostteil ist Ziel-1-Gebiet der Europäischen Union. Dort lockt ein Höchstfördersatz von bis zu einem Drittel der Investitionssumme - zum Missfallen von Rivalen wie Hamburg, das nach Universal mit 500 Beschäftigten auch die Verbände der Musikwirtschaft ziehen lassen musste. Vom Musikkonzern Warner bekam Berlin zwar gerade einen Korb. Die Hafenbetreiberin Behala verhandelt unabhängig davon aber in einer heißen Phase «mit einem interessanten Nutzer aus der Medienbranche», wie Geschäftsführer Horst Schuberth sagt.

Überhaupt baut der rot-rote Senat auf einen Sog in die deutsche Musikhauptstadt, auf die sich inzwischen 60 Prozent des Branchen- Umsatzes hier zu Lande konzentrieren. Auch deshalb zog die größte Fachmesse Popkomm von Köln nach Berlin, am 29. September steht unter hohen Erwartungen die Premiere an. Dass die Musikbranche allein die kränkelnde Industriestruktur Berlins mit rund 300 000 Arbeitslosen heilen wird, glaubt aber niemand. Von wichtigen Mosaiksteinen spricht Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS). Die Dynamik strahle außerdem auch auf das Image Berlins und nahe Branchen aus.

Experten warnen allerdings, dass wertvolle Standortfaktoren unter die Räder kommen könnten, weil der Senat wegen der immensen Schulden einen rigiden Sparkurs fährt. Dabei sind es besonders die zahlreichen Berliner Einrichtungen für Kultur und Wissenschaft, die kreativen Dienstleistern große Potenziale für Vernetzungen bieten, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung analysierte. Unter den zugezogenen Musikkonzernen regt sich derweil der Wunsch nach «ein bisschen mehr Internationalität». Das gelte auf jeden Fall für die Fluganbindungen, heißt es etwa bei Universal.