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Massenimpfung gegen Schweinegrippe gestartet

26.10.2009, 12:46

Hamburg/dpa. - Die Massenimpfung gegen die Schweinegrippe hat in Deutschland mit unterschiedlicher Resonanz begonnen. Seit Montagmorgen sollten sich vor allem Beschäftigte im Gesundheitswesen, Polizisten und Feuerwehrleute impfen lassen.

In Mecklenburg-Vorpommern blieb der Ansturm auf Gesundheitsämter und Arztpraxen zunächst aus. In Neubrandenburg äußerte sich die Leiterin des Gesundheitsamtes, Ramona Berthold, enttäuscht. Sie habe die Mitarbeiter von Feuerwehr und Pflegeheimen eingeladen, in den ersten drei Stunden seien jedoch nur 15 Impfwillige gekommen. In Ludwigslust war das Interesse nach Angaben des Gesundheitsamtes dagegen groß.

Auch in Thüringen begann die Impfaktion verhalten. Die Bereitschaft von Berufsgruppen wie niedergelassenen Ärzten, Apothekern oder Feuerwehrleuten, sich impfen zu lassen, sei bislang eher gering, teilte das Gesundheitsamt Suhl mit. «Der Grundtenor lautet: Wir warten erstmal ab», sagte Amtsärztin Marion Höhn.

In Berlin sollte in der Universitätsklinik Charité und den Gesundheitsämtern zunächst sogenanntes Schlüsselpersonal wie Ärzte, Krankenschwestern und Sicherheitskräfte geimpft werden. 130 000 Berliner zählen zum Schlüsselpersonal - das sind rund vier Prozent der Bevölkerung. Nach ihnen werden chronisch Kranke und Schwangere geimpft, dann alle anderen. In den meisten Bundesländern können sich alle Bürger von Anfang oder Mitte November an impfen lassen.

Mancherorts wurde auch schon jeder geimpft, der wollte. Im Düsseldorfer Gesundheitsamt seien unter den stündlich zehn Geimpften auch «ganz normale Bürger» gewesen, sagte ein Stadtsprecher. Auch in Schleswig-Holstein kann sich generell jeder impfen lassen. Diese Woche stehen allerdings nur etwa 52 000 Dosen des Impfstoffs Pandemrix zur Verfügung, daher sollen Risikogruppen wie medizinisches Personal oder chronisch Kranke Vorrang haben.

Der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) rief nochmals zur Impfung auf. «Die neue Grippe verläuft bisher relativ harmlos, doch kann eine zweite Welle potenziell anders ausfallen», mahnte der Verband. Mit Blick auf die nun beginnenden Impfungen bei medizinischem Personal schreibt er: «Menschen in medizinischen Berufen haben eine besondere Verantwortung gegenüber den Patienten.» Sie seien mindestens 24 Stunden vor einer Influenza-Erkrankung bereits infektiös und könnten Patienten anstecken.

Nur in zwei Bundesländern sollte die Impfung später starten: im Saarland am Mittwoch, in Niedersachsen am Freitag. Die Impfung ist kostenlos, es fällt auch keine Praxisgebühr an. Eine Impfpflicht besteht nicht. Bislang ist für Menschen im Alter von 10 bis 60 Jahren eine einzige Impfung vorgesehen. Erwachsene über 60 müssen in jedem Fall zweimal geimpft werden, um einen ausreichenden Immunschutz aufzubauen. Kinder erhalten zwei halbe Dosen.

Frank Ulrich Montgomery, der Vizepräsident der Bundesärztekammer, rief am Montag nochmals bestimmte Gruppen zum Impfen auf. Dazu zählen: «Alle Menschen, die viel Kontakt mit anderen Menschen haben, alle Menschen, die chronische Erkrankungen haben ­ vor allem solche, die chronische Lungenerkrankungen haben, wie Asthma oder immer wieder auftretende Lungenentzündung», sagte Montgomery dem Sender NDR info. Diese Menschen sollten die geringen, örtlichen Nebenwirkungen der Impfung in Kauf nehmen. «Wir wissen heute, bei 99 Prozent der Fälle verläuft die Schweinegrippe völlig harmlos, aber bei einigen wenigen kommt es zu einem schweren Lungenproblem, und davor kann man sich schützen durch Impfung.»

Unterdessen hat US-Präsident Barack Obama mit Blick auf die Schweinegrippe am Wochenende den nationalen Notstand erklärt. Durch den Schritt könnten die Gesundheitsbehörden bei einem möglichen Ansturm von Patienten Regularien umgehen, teilte das Weiße Haus in Washington mit. In den USA sind mittlerweile mehr als 1000 Menschen an dem neuartigen H1N1-Virus gestorben, darunter auch knapp hundert Kinder. Den Angaben zufolge wurden bislang rund 60 Millionen Amerikaner gegen das Virus geimpft. Nach Medienberichten sind an vielen Orten in den USA geplante Massenimpfungen wegen knapper Impfstoffmengen verschoben worden. Dort, wo sie vorgenommen werden, bilden sich oft lange Schlangen.