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Mark Benecke Mark Benecke: «Madendoktor ist fachlich gut, aber durchgeknallt»

Von Markus Peters 26.08.2010, 06:58
Mark Benecke, Kriminalbiologe und Spezialist für forensische Entomologie, posiert in seiner Wohnung in Köln. (FOTO: DDP)
Mark Benecke, Kriminalbiologe und Spezialist für forensische Entomologie, posiert in seiner Wohnung in Köln. (FOTO: DDP) ddp

Köln/ddp. - Allerdings ist Benecke beiseiner Arbeit ganz realen Horror gewöhnt. Er wird hinzugezogen, wennein forensischer Biologe für die Klärung von Verbrechen undUnglücksfällen erforderlich ist. Durch zahlreiche Auftritte inTV-Crime-Dokus und Wissenschaftssendungen ist Benecke in Deutschlandder wohl bekannteste Vertreter seiner Zunft. Nicht jedem in derFachwelt gefällt das allerdings. Benecke sei fachlich gut, aberziemlich durchgeknallt, heißt es in Medizinerkreisen.

»Klar wird man schon mal von Kollegen schief angeguckt, wenn manwie ich mit den Medien spricht. Aber ich finde, das muss jeder fürsich selbst entscheiden«, sagte »Dr. Made«. Den Spitznamen verdanktBenecke seinem Fachgebiet, der Forensischen Entomologie, bei deranhand des Insektenbefalls von Leichen Rückschlüsse auf derenLiegezeit, Todesursache und Todesumstände gezogen werden. Danebenbeschäftigt sich der Wissenschaftler mit Blutspritzern, mit derenForm und Verteilung sich der Ablauf eines Verbrechens rekonstruierenlässt. »Mein täglich Brot«, wie Benecke lakonisch meint.

Nach dem Studium in Köln absolvierte der gebürtige Rosenheimerverschiedene kriminaltechnische Ausbildungen bei der Polizei in denUSA, unter anderem an der FBI-Academy. Es folgten weitere Stationenin Asien und Südamerika.

Erstmals außerhalb der Fachwelt bekannt wurde Benecke 1998 beieinem bundesweit beachteten Mordfall in Braunschweig. EinePastorengattin war erschlagen aufgefunden worden. Anhand vonInsektenspuren konnte Benecke nachweisen, dass der tatverdächtigeEhemann des Opfers am Tatort war. Der angeklagte Pastor musste wegenTotschlags für acht Jahre ins Gefängnis.

Inzwischen reizen Benecke vor allem »die spannenden, kniffeligenoder bekloppten Fälle«, bei denen er »tüfteln muss«, wie er sagt.»Dann setzen wir uns mit Polizei, Staatsanwaltschaft undKriminaltechnikern zusammen und überlegen, wie sich ein Verbrechenereignet haben könnte." Mitunter werden er und seine dreiMitarbeiterinnen aber auch im Auftrag von Rechtsanwälten undHinterbliebenen tätig, die wissen wollen, unter welchen Umständen einAngehöriger zu Tode kam.

Sein Wissen gibt Benecke, der am Donnerstag (26. August) 40 Jahrealt wird, in Kursen an Studenten und Kriminalbeamte weiter. Dazu hälter Vorträge, in den er vor bis zu 1000 Zuhörern mit sanftem Gruselnaus seinem Arbeitsalltag berichtet. Besonders in der Gothic-Szene hater etliche Fans: «Da sagen mir die Leute schon mal, dass sie michcool finden.»

Und Benecke hat Interessen, die man nicht unbedingt bei einemgerichtsfest argumentierenden Wissenschaftler vermuten würde. Erengagiert sich nicht nur für die «Transylvanian Society of Dracula»,die sich Studien zum Grafen Dracula und Vampiren widmet. Er ist auchbekennender «Donaldist» und gehört damit zu einer weltumspannendenFangemeinde, die die fiktive Welt der Comicfigur Donald Duck mitLeben erfüllt.

Ein Faible, das nicht nur Spaß mache, sondern ihn auch in seinerkriminalistischen Arbeit weiter gebracht habe, beteuert Benecke:«Diese vom Zeichner Carl Barks erdachte Welt ist so ausgiebiguntersucht und analysiert worden, dass sie inzwischen tatsächlichreal scheint. Mir zeigt das auch bei einem Kriminalfall, dass Dinge,die absolut real und plausibel erscheinen, dennoch nicht stimmenmüssen. Gleichzeitig können sich anscheinend völlig absurdeSituationen trotzdem ereignet haben.»

Überraschende Erkenntnisse liefert Benecke auch als Mitglied desKomitees des Nobelpreises für kuriose wissenschaftliche Forschungen.In seinem im November erscheinenden Buch «Warum Tätowierte mehr Sexhaben» stellt er ernsthafte wissenschaftliche Studien vor, diemitunter ungewollt kuriose oder heitere Aspekte haben. «Laut eineramerikanischen Studie haben Tätowierte tatsächlich mehr Sex»,erläutert der selbst reichlich tätowierte Wissenschaftler. «Aber dasliegt nicht an den Tattoos, sondern in der Lebenseinstellung ihrerTräger.»

Mark Benecke, Kriminalbiologe und Spezialist für forensische Entomologie, in seinem Labor in Köln.
Mark Benecke, Kriminalbiologe und Spezialist für forensische Entomologie, in seinem Labor in Köln.
ddp