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Mark Benecke Mark Benecke: «Der Tod ist nicht das Ende»

Von Christiane Blana 12.07.2007, 07:21
Der Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke bereitet am 24. April 2004 in seinem Arbeitsraum präparierte Insekten zur Untersuchung vor, die einen Kriminalfall lösen halfen. (Foto: dpa)
Der Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke bereitet am 24. April 2004 in seinem Arbeitsraum präparierte Insekten zur Untersuchung vor, die einen Kriminalfall lösen halfen. (Foto: dpa) dpa

Köln/dpa. - Einmal hat Benecke mit seinen Studentenversuchsweise faulendes Fleisch in einer der abgelegensten Eckeneines Hochhauses versteckt, die Fliegen haben es aufgespürt.

«Ich will das jetzt gar nicht eklig machen, ich will das nurerklären», sagt Benecke. Der 36-jährige Kölner, auch «DoktorSchmeißfliege» genannt, hat auch bei einem Vortrag seine wichtigstenHelfer gleich mit dabei. In einer Dose vor dem Rednerpult winden sichweiß und wurmartig Dutzende von fingernagelgroßen Maden.

Weil diese sich vom Fleisch Toter ernähren, kann derNaturwissenschaftler anhand der Entwicklungsstadien der MadenRückschlüsse auf den Todeszeitpunkt ziehen. Mit Hilfe von Fliegen undanderen Insekten, die die Leichen nach und nach besiedeln, entlarvtBenecke sogar Fälle von Pflegevernachlässigung. Er erkennt zumBeispiel, wenn sich alte Menschen vor ihrem Tod wund gelegen haben.

«Das kommt sehr häufig vor», erzählt der Diplom-Biologe mit demlangen Titel «öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständigerfür kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung und Auswertungbiologischer Spuren». Insektenkunde, DNA- und Blutspurenanalysegehören zum Fachgebiet des Freiberuflers. Eine Präzisionsarbeit undnichts für schwache Nerven, aber Benecke hat darin seine Passiongefunden: «Jeder Fall ist anders, das ist ja gerade das Spannende.»

Um dem Tod ins Gesicht zu sehen, stapft er in Gummistiefeln durchWälder oder spürt Leichengeruch in Wohnhäusern hinterher. «Ich sagemeinen Studenten immer, Leute, Ihr müsst durchatmen und lernen, denGeruch zu analysieren», sagt er.

Benecke gilt in seinen Kreisen schon als eine Art «Popstar derKriminalbiologie», arbeitet international in der Forschung und gibtFortbildungskurse. «An der schlechten Bezahlung und den langenArbeitszeiten ändert das trotzdem nichts», sagt er. Deshalb bleibenauch viele seiner Kursteilnehmer nicht dabei, und die Branchebeschränkt sich nach wie vor auf eine Hand voll Experten.

«Klar muss man zäh sein», sagt Benecke, schließlich gehe es meistdarum, ob jemand ins Gefängnis müsse oder nicht. «Deshalb macht manden Job entweder gut, oder man lässt es bleiben.» Nur Fleisch kannBenecke mittlerweile nicht mehr essen. Dafür hat er dank derjahrelangen Erfahrung einige Tipps für seine Zuhörer parat. Einbestimmtes Mittel zum Beispiel überdecke Leichengeruch mitErdbeerduft.

«Eins ist sicher», sagt Benecke zum Schluss der Vorlesung, währenddas Madenknäuel in der Dose vor ihm weiter ständig seine Form ändert:«Der Tod ist nicht das Ende.» Denn mit dem Tod kommen die Fliegen -und manchmal beginnt dann die Arbeit des Kriminalbiologen.