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Manfred S. Manfred S.: Mutmaßlicher Serienmörder aus Schwalbach führte ein perfektes Doppelleben

20.05.2016, 11:32
Der mutmaßliche Serienmörder Manfred S.
Der mutmaßliche Serienmörder Manfred S. Polizei Hessen

Schwalbach - Im Fall des mutmaßlichen Serienmörders Manfred S. sind nach einem großen Zeugenaufruf erste „möglicherweise erfolgversprechende“ Hinweise bei der Polizei eingegangen. Eine heiße Spur sei jedoch bislang nicht dabei, sagte der leitende Ermittler der Sonderkommission „Alaska“, Frank Herrmann, der Deutschen Presse-Agentur am Freitag in Wiesbaden. Es gebe Hinweise, die „einigermaßen konkret“ seien. Die Zahl der Zeugen, die sich meldeten, sei „nicht schlecht“, aber „nicht überwältigend“.

Die Polizei bringt den 2014 gestorbenen Manfred S. aus Schwalbach am Taunus mit bis zu zehn Tötungsdelikten in Verbindung, darunter auch mit dem Mord an dem Jungen Tristan aus Frankfurt-Höchst 1998. Als ziemlich sicher gilt, dass S. die Prostituierte Britta D. tötete. Die Tochter hatte deren zerstückelte Leiche in einem Fass in der Garage des Vaters entdeckt, als sie nach dessen Tod aufräumte. Die Frau war vermutlich seit zehn Jahren tot.

Ermittler gehen von überlebenden Opfern aus

Die Vernehmungen aus dem persönlichen Umfeld des 67-Jährigen hätten nahezu nichts ergeben, da er wahrscheinlich ein perfektes Doppelleben geführt habe, sagte Herrmann. „Wir wollen und müssen jetzt Leute finden, die möglicherweise die andere Seite im Leben von Manfred S. kennen und nicht die Heile-Welt-Seite.“

Denkbar sei etwa, dass sich Frauen meldeten, die als Prostituierte mit ihm in Kontakt kamen - aber eventuell gar nicht ahnten, in welcher Gefahr sie sind. „Wir gehen davon aus, dass es bei all diesen Fällen zumindest ein überlebendes Opfer gibt“, sagte der Ermittler. Es gebe solchen Tätern oft einen besonderen Kick, sich dann doch - aus welchen Gründen auch immer - gegen den Mord zu entscheiden. „Dieses Machtspielchen versuchen Täter auszuleben.“

Frage nach möglichen Mittätern

Der Fall Manfred S. sei wegen vieler Aspekte schwierig, etwa weil die Taten sehr weit zurückliegen, sagte Herrmann. Zudem könne ja der Verdächtige nicht mehr befragt werden. Nach der Exhumierung der Leiche konnten nur noch von sechs Fingern Abdrucke genommen werden - bislang ohne Spur.

Da gegen Tote nicht ermittelt werde, sei die ungeklärte Frage nach einem möglichen Mittäter der Grund, warum die Soko noch einmal so groß einsteige, sagte Herrmann. Die Fahnder gehen jedoch davon aus, dass der Fall der vermutlich 2004 getöteten Britta D. der letzte der Serie war.

Das sind die zehn möglichen Opfer von Manfred S.:

Der mutmaßliche Serienmörder Manfred S. aus Hessen hat möglicherweise zehn Menschen getötet. Sechs Taten stehen nach den Ermittlungen der Polizei mit dem 2014 gestorbenen Rentner in engem Zusammenhang. Dazu kämen mindestens vier Fälle, die gewisse Ähnlichkeiten aufwiesen. Die zehn Fälle im Einzelnen:

1971: Die verstümmelte Leiche der 19 Jahre alten Gudrun Ebel wird im Februar bei Bad Vilbel entdeckt. Die Tote weist Zeichen sadistischer Handlungen auf, sagen die Ermittler. Sie hatte bisherigen Ermittlungen zufolge als Reinigungskraft in einem Altenpflegeheim in Frankfurt gearbeitet.

1971: Nur zwei Monate später wird die Leiche einer Kollegin aus dem Johanna-Kirchner-Stift gefunden. Die getötete türkische Gastarbeiterin Hatice Erülkeroglu wird nahe der Camberger Brücke in Frankfurt gefunden.

1991: Die Leiche der Frankfurter Straßenprostituierten Gisela Singh wird am 30. Juni im Wald zwischen Hofheim und Langenhain im Main-Taunus-Kreis gefunden. Die Tote weist den Ermittlern zufolge „Zeichen sexuellen Sadismus“ auf.

1993: Der Torso der getöteten Straßenprostituierten Dominique Monrose wird im Dezember

1993 an der Friedberger Landstraße in Frankfurt im Gebüsch gefunden. Die Leichenteile sind in Plastiksäcke eingepackt. Weitere Leichenteile werden 1994 an der Bundesstraße 40a in der Nähe des Flughafens entdeckt. Der Kopf fehlt bis heute.

1996: Die Bankangestellte Pia Isabel Heym (27) wird seit Juli vermisst. Spaziergänger finden den Kopf ihrer Leiche am ersten Weihnachtsfeiertag am Weg zu einer Kleingartenanlage. Der Kopf war mit einem scharfen Messer sauber abgetrennt worden. Die Frau war nach Mitteilung der Polizei von damals auf die Einnahme von Tabletten zur Behandlung schizophrener Schübe angewiesen.

1998: Der 13 Jahre alte Schüler Tristan wird am 26. März in einem Tunnel des Liederbachs nahe des Bahnhofs Frankfurt-Höchst grausam ermordet. Der Täter schneidet dem Jungen am helllichten Nachmittag die Kehle durch. Er trennt Teile des Leichnams ab und nimmt sie im Rucksack des Schülers mit.

1998: Die etwa 18 Jahre alte Julia Schröder verschwindet Mitte Juli aus dem Frankfurter Bahnhofsviertel. Die Obdachlose soll eine drogenabhängige Prostituierte und in desolatem gesundheitlichen Zustand gewesen sein.

1999: Rund ein Jahr später, im September 1999, verschwindet auch die 1967 geborene Gabriele De Haas aus dem Frankfurter Bahnhofsviertel. Von beiden Frauen fehlt bislang jede Spur.

2004: Ein stark verwester menschlicher Schädel wird im April in einer Main-Schleuse bei Frankfurt gefunden. Der Kopf soll zu einer Frau mittleren Alters gehören und war in Aluminiumfolie eingewickelt. Die Identität der Frau ist noch immer unklar.

2014: Nach dem Tod des mutmaßlichen Serienmörders räumen Angehörige eine von ihm gemietete Garage in Schwalbach am Taunus aus. Darin finden sie blaue Plastikfässer mit Leichenteilen der Prostituierten Britta Diallo, die seit etwa zehn Jahren tot ist. Vom linken Arm fehlt bislang jede Spur. Der Fund bringt die Ermittlungen gegen Manfred S. ins Rollen.

Frageliste der Polizei:

 Im Fall des mutmaßlichen Serienmörders aus dem Taunus erhofft sich die Polizei mit Hilfe eines umfangreichen Zeugenaufrufs neue Hinweise. So suchen die Beamten unter anderem Menschen, die zu Manfred S. Kontakt hatten, etwa zu seiner Bundeswehrzeit sowie während seines Aufenthaltes in der Entzugsklinik „Sonnenberg“ in Erbach/Odenwald:

- Können Sie Angaben zu möglichen Aufenthaltsorten von Manfred S. machen?

- Können Sie Angaben zu sexuellen Präferenzen von Manfred S. machen, beispielsweise im Rahmen der Prostitutionsausübung oder aus der SM-Szene, einschlägiger Foren oder ggf. gar Sadisten-Szene?

- Können Sie Angaben zu angemieteten oder zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten von Manfred S. machen und falls ja, wo liegen diese?

- Können Sie Angaben zu genutzten oder zur Verfügung stehenden Fahrzeugen von Manfred S. machen?

Zu den möglichen Opfern fragen die Ermittler:

- Können Sie Angaben zu Kontaktpersonen der Opfer machen oder kennen Sie diese selbst?

- Können Sie Angaben zu regelmäßigen Aufenthaltsorten der Opfer geben?

- Können Sie etwas zu möglichen sexuellen Neigungen oder Präferenzen der Opfer angeben?

- Kennen Sie mögliche Freier dieser Opfer? - Kennen Sie direkte Kolleginnen dieser Opfer aus dem Umfeld des Frankfurter Straßenstrichs, die Auskunft über die Getöteten geben können?

(dpa)