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Kunst Kunst: Rechtsgesinnter Gartenzwerg

16.07.2009, 15:18
Wegen des Hitler-Gartenzwergs ermittelt die Nürnberger Staatsanwaltschaft wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, so die der Nürnberger Anklagebehörde. (FOTO: DPA)
Wegen des Hitler-Gartenzwergs ermittelt die Nürnberger Staatsanwaltschaft wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, so die der Nürnberger Anklagebehörde. (FOTO: DPA) dpa

Nürnberg/dpa. - Die NürnbergerStaatsanwaltschaft ermittelt wegen der Verwendung von Kennzeichenverfassungswidriger Organisationen, wie ein Sprecher am Donnerstagmitteilte. Schöpfer der bereits in Italien und Belgien ohneBeanstandungen gezeigten Figuren ist der Nürnberger KunstprofessorOttmar Hörl, der seine Wichtel als Persiflage auf das«Herrenmenschentum» der Nazis verstanden wissen will.

Laut Justiz ist die Verwendung strittiger Symbole nur dannstraffrei, wenn damit verfassungswidrige Organisationen kritisiertwerden. «Wir prüfen jetzt, ob dies bei Gartenzwergen genausoeindeutig der Fall ist wie etwa bei Plakaten mit durchgestrichenenHakenkreuzen», sagte Justizsprecher Wolfgang Träg. DieStaatsanwaltschaft wolle zunächst dem Künstler Gelegenheit zu einerStellungnahme geben. Möglicherweise müsse sich auch ein NürnbergerGalerist wegen der Präsentation des Nazi-Gartenzwergs verantworten.

In einem anynomen Schreiben hatte sich ein Unbekannter über diePräsentation der puppengroßen Skulptur in der Galerie beschwert unddamit das Vorgehen der Justiz ausgelöst.

400 Gartenzwerge sind nach Hörls Angaben noch bis zum Wochenendein einer Ausstellung des Aschaffenburger Kunstvereins zu sehen.Ursprünglich hatte Hörl den Gartenzwerg mit «Führergruß» für eineAusstellung der Kunstmesse im belgischen Gent geschaffen. Im Foyerder Messe waren im Frühjahr 700 Exemplare des Nazi-Zwerge zu sehen.Kurz darauf waren die Gartenzwerge in Bozen/Südtirol ausgestellt.

Zwar habe es an allen drei Ausstellungsorten die üblichenDiskussionen über Kunst im öffentlichen Raum gegeben. Niemand seiaber auf die Idee gekommen, sein Werk in die Nähe von Nazis zurücken, sagte Hörl der Deutschen Presse-Agentur dpa. Insgesamt hättenseine Ausstellung in Gent 40 000 Menschen gesehen. Die jüdischeGemeinde in Gent sei von seinem Werk, das den Titel «Dance with theDevil» (Tanz mit dem Teufel) trägt, beeindruckt gewesen. Jede Figurtrage zudem auf der Unterseite die Inschrift «Poisoned» (vergiftet).

«Ich bin völlig erstaunt, dass ein einzelner Gartenzwerg in einermir völlig unbekannten Galerie in Nürnberg wegen der anonymenBeschwerde eines Denunzianten eine solche öffentliche Diskussionauslöst», sagte er. Inhaltlich habe er kein Verständnis für dieKritik. In Belgien habe jeder verstanden, was es politisch bedeutet,«wenn man die Herrenrasse als Gartenzwerg darstellt. Im Jahre 1942wäre ich für das Werk von den Nazis massakriert worden», sagte Hörl.Auch andere Städte seien an der Gartenzwerg-Ausstellung interessiert.

Der 59 Jahre alte, aus Hessen stammende Künstler ist seit 2005Präsident der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste. Bekannt wurdeer vor allem durch seine Großinstallationen. So drapierte er beim«Großen Hasenstück» in Nürnberg im Jahr 2003 mehrere tausend Dürer-Hasen effektvoll auf einem öffentlichen Platz. Ähnliche Kunstaktionenveranstaltete der heute in Wertheim lebende Künstler im Jahr 2005 mitPlastikraben und im Jahr 2007 mit dem hessischen Wappenlöwen. DieAktionen finanzieren sich später mit dem Verkauf der Einzelexponate.