Schwarzbuch Kritik an Kosten für Abhörzentrum ohne fertige Software
Beim gemeinsamen Abhörzentrum der Polizei in Ostdeutschland kommt es zu erheblichen Verzögerungen. Der Steuerzahlerbund kritisiert hohe Kosten - obwohl der Betrieb bisher nicht richtig läuft.

Leipzig/Magdeburg - Der Bund der Steuerzahler in Sachsen-Anhalt kritisiert die Verzögerung des Betriebs des gemeinsamen Abhörzentrums der Polizei. Das Ziel, mit einer länderübergreifenden Einrichtung Synergieeffekte zu erzielen und Kompetenzen zu bündeln, sei richtig, teilte der Verband in Magdeburg mit. „Gut gemeint reicht jedoch nicht, wenn die Umsetzung jahrelang an einer fehlenden Software scheitert. Millioneneinsparungen können dadurch über Jahre nicht realisiert werden.“
Ursprünglich sollte das Gemeinsame Kompetenz- und Dienstleistungszentrum (GKDZ) mit Sitz in Leipzig 2024 betriebsbereit sein. An dem Projekt beteiligt sind Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Doch es gibt Probleme bei der Inbetriebnahme der Telekommunikationsüberwachung, wie das Innenministerium in Dresden vor einigen Monaten einräumte. Der Fall taucht nun im neuen „Schwarzbuch“ des Bunds der Steuerzahler auf.
Laut dem Verband wird sich der Beginn des regulären Betriebs voraussichtlich um mehrere Jahre, in jedem Fall bis 2027 verzögern. Zwar zahle der beauftragte Dienstleister dem GKDZ für die Verzögerungen Schadensersatz- und Kompensationsleistungen in Millionenhöhe. Diese seien jedoch „nur ein schwacher Trost“, da geplante Millioneneinsparungen in den Ländern Jahr für Jahr verloren gingen, hieß es.
System funktioniert nicht, aber Personalkosten fallen an
Trotz fehlender Betriebsbereitschaft seien bereits 23 der geplanten 40 Mitarbeiter im Zentrum beschäftigt, so die weitere Kritik. „Das heißt, über die Hälfte der Personalkosten läuft bereits auf, während das System noch gar nicht funktioniert.“ Im Jahr 2024 seien rund 1,8 Millionen Euro Personalkosten angefallen, seit 2018 seien insgesamt über 6 Millionen Euro für das Personal ausgegeben worden.
Das Abhörzentrum, das Dienstleistungen für die Polizeien der fünf Länder bei der Bekämpfung schwerer Kriminalität erbringen soll, war 2017 per Staatsvertrag auf den Weg gebracht worden. Die Polizei darf eine Telekommunikationsüberwachung nur zur Aufklärung schwerer Verbrechen einsetzen – etwa bei Mord oder Terrorverdacht. Dazu können Festnetzanschlüsse oder Handys, aber auch die Kommunikation über Messenger wie WhatsApp angezapft werden.