1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Kriminalität: Kriminalität: Gericht wird zur Hochsicherheitszone

Kriminalität Kriminalität: Gericht wird zur Hochsicherheitszone

Von Eva-Maria Mester 11.08.2005, 09:56
Das undatiertes Polizei-Archivfoto zeigt den unter Mordverdacht stehenden Schwerverbrecher Christian Bogner. Am 12. August 2005 beginnt in Lübeck der Prozess gegen Bogner. Ihm wird vorgeworfen, einen Mann ermordet zu haben, um seine Indentität anzunehmen. (Foto: dpa)
Das undatiertes Polizei-Archivfoto zeigt den unter Mordverdacht stehenden Schwerverbrecher Christian Bogner. Am 12. August 2005 beginnt in Lübeck der Prozess gegen Bogner. Ihm wird vorgeworfen, einen Mann ermordet zu haben, um seine Indentität anzunehmen. (Foto: dpa) Polizei

Lübeck/dpa. -    Am Nachmittag des 26. Oktober 2004 soll Bogner Engelbert Danielsenaus Eutin ermordet und seine Leiche südlich von Hamburg nahe der A 7verscharrt haben. Danielsen, 45 Jahre alt, ein arbeitsloserLandschaftsgärtner, musste nach Auffassung der Staatsanwaltschaftsterben, weil er Bogner ähnlich sah. Der war wenige Stunden zuvor ausder Justizvollzugsanstalt (JVA) Lübeck-Lauerhof ausgebrochen undhatte - so die Staatsanwaltschaft - von langer Hand geplant,Danielsen verschwinden zu lassen, um in dessen Rolle zu schlüpfen.Den Mord hat Bogner gestanden, das perfide Motiv bestreitet er.

   Der Fall hatte auch für politischen Wirbel gesorgt. Die damaligeOpposition aus CDU und FDP im schleswig-holsteinischen Landtag hatteJustizministerin Anne Lütkes (Grüne) Versagen vorgeworfen und einenUntersuchungsausschuss gefordert. Eine unabhängige Expertenkommissionist inzwischen zu dem Ergebnis gekommen, dass Fehler in der JVA zudem Ausbruch geführt haben. Wegen seines einnehmenden Wesens sei dieimmer wieder attestierte Gefährlichkeit des Mannes «nicht mehr inerforderlichem Umfang beachtet» worden, heißt es im Abschlussbericht.

   Die Flucht aus der JVA war spektakulär. Gegen 7.00 Uhr war Bognerzur Arbeit in die Anstaltsschlosserei gegangen. Doch anstattGartenzäune zusammenzuschweißen, montierte er eine selbst gebauteLeiter auf einen Gabelstapler. Mit einem Zweitschlüssel, den er perHandy beim Hersteller bestellt hatte, startete er das Gefährt, fuhres an die Begrenzungsmauer und ließ sich wie mit einem Lift zurMauerkrone hinauffahren. Ehe die Wachleute reagieren konnten, war erüber alle Berge.

   Vier Tage später wurde Bogner im Lübecker Stadtteil St. LorenzNord festgenommen. Rund zwei Wochen später kam den Ermittlern eingrausiger Verdacht: Hatte Bogner etwas mit dem VerschwindenDanielsens zu tun? Der war seit dem 26. Oktober verschwunden, hatteangeblich in Sindelfingen eine neue Arbeitsstelle bekommen sollen,die aber nicht existierte. Wie aus dem Tagebuch Danielsenshervorgeht, hatte sich Monate zuvor ein «Herr Lenz» bei ihm gemeldet,sich als Mitarbeiter einer privaten Arbeitsvermittlung ausgegeben.Lenz ist Bogners richtiger Name. Er wurde am 17. April 1956 alsBernhard Lenz in Herford geboren, hatte seinen Namen im März 1993geändert, weil er angeblich von ehemaligen Mitgefangenen bedrohtwurde.

   «Der Fall weist auffällige Parallelen zum Verschwinden von ThomasRanke aus Niedersachsen auf», sagt der Pressesprecher der LübeckerStaatsanwaltschaft, Klaus-Dieter Schultz. Im Juni 1995 hatte dergerade aus der JVA Lingen ausgebrochene Bogner Kontakt zu seinemJugendfreund Ranke aufgenommen, ihm eine Arbeitsstelle versprochen.Kurz darauf verschwand Ranke spurlos, stattdessen tauchte Bogner mitdessen Papieren auf. «Er war damals des Mordes an Ranke angeklagtworden. Das Landgericht Bückeburg hat ihn allerdings aus Mangel anBeweisen freigesprochen», erinnert sich Schultz.

In Lübeck wird neben Bogner auch sein Bruder auf der Anklagebanksitzen, der der Beihilfe und Gefangenenbefreiung beschuldigt wird.Für den Prozess gelten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen.Justizminister Uwe Döring (SPD) kündigte an, beide Angeklagte würdenmit Hand- und Fußfesseln vorgeführt und von Polizisten bewacht.Schließlich ist Bogner auch schon einmal aus einem Gerichtssaalgetürmt.