Kriminalfall Kriminalfall: Mutter von Marie Trintignant schrieb über den Mordfall

Paris/dpa. - Statt Bertrand Cantat nennt sie ihn Mörder - und das mehr als 80 Mal. Unter dem Titel «Marie - Meine Tochter, mein Leben» schreibt sich Nadine Trintignant, die Mutter der in einem Eifersuchtsdrama getöteten Schauspielerin Marie Trintignant, den Schmerz über den Verlust ihrer Tochter von der Seele.
Das Buch, das am 1. Mai auch in Deutschland erscheint, sorgte in Frankreich für viel Aufsehen. Es erschien Anfang Oktober 2003 - nur zwei Monate nach dem Tod Marie Trintignants. «Reine Geldmacherei oder innere Katharsis?», fragte sich Frankreichs Presse, die aus Marie, die bei einem Streit mit Fausthieben und Schlägen ins Gesicht tödlich verletzt wurde, das Symbol für die rund 1,5 Millionen in Frankreich von ihren Ehemännern oder Freunden geschlagenen Frauen machte.
In dem Buch beschreibt die Regisseurin Nadine Trintignant ihre Tochter und die Beziehung zu dem französischen Rockstar Bertrand Cantat, der in der Nacht zum 27. Juli 2003 in einem Hotelzimmer in der litauischen Hauptstadt Vilnius Marie Trintignant verprügelt hat. So erfährt der Leser, dass der Sänger der französischen Top-Band «Noir Désir» «sehr besitzergreifend» gewesen sei und Marie bei den Dreharbeiten zum Film «Colette» in Vilnius «unglücklich» gewirkt habe. «Du warst beunruhigt, nicht glücklich. Ich hielt es für Müdigkeit. Ich habe nichts gesehen, nichts verstanden», wirft sie sich vor.
Nadine Trintignants Buch ist eine Liebeserklärung an ihre tote Tochter: Sie wird als liebevolle Mutter, engagierte Schauspielerin und verständnisvolle Frau porträtiert. Zugleich ist das Werk aber auch eine Kriegserklärung an Cantat, der gleich auf den ersten Seiten als Mörder bezeichnet wird. «Du glaubtest, dein Mörder würde dich lieben. Er wollte dich besitzen. (...) Das ist keine Liebe, keine Leidenschaft, das ist Besitzergreifung.»
«Marie - Meine Tochter, mein Leben» erschien fünf Monate vor dem Prozess gegen Cantat in Frankreich. Der 40jährige Sänger wurde Ende März 2004 wegen «absichtlichen Totschlags» zu acht Jahren Haft verurteilt. «Ich hoffe, mit diesem Buch den Prozess zu beeinflussen», hatte die Mutter in einem Interview mit der französischen Frauenzeitschrift «Elle» kurz nach dem Erscheinen freimütig zugegeben.
«Einen Schrei des Hasses», nannte Frankreichs Presse das Buch, das das Drama aus der Sicht einer trauernden, jedoch unversöhnlichen Mutter beschreibt. Es handelt sich bei dem Buch um eine ganz persönliche Abrechnung, die stellenweise peinlich auf die Verfasserin zurückfällt.
Nadine Trintignant: Marie - Meine Tochter, mein Leben Knaur Verlag TB, München 100 Seiten, 6,-- Euro ISBN 3-426 62798-1