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«Körperwelten» «Körperwelten»: Leichenschau wird nun doch gezeigt

Von Johannes Keienburg 21.02.2003, 15:55
Körperweltenausstellung (Foto: dpa)
Körperweltenausstellung (Foto: dpa) dpa

München/dpa. - Nach einem monatelangen Tauziehen darf die umstrittene Leichenschau «Körperwelten» mit Ausnahme einiger Exponate nun doch in München gezeigt werden. Das entschied am Freitag der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München. Der geplanten Eröffnung der Ausstellung am Freitagabend stand damit nichts mehr im Weg. Der Mediziner und Leichenpräparator Gunther von Hagens reagierte auf die Entscheidung erleichtert, auch wenn einige seiner Leichen nicht ausgestellt werden können. «Lieber beim Ritt durch Bayerns Gerichtshof einen Gaul verlieren, als dass die ganze Ausstellung auf der Strecke bleibt», sagte von Hagens der dpa in München.

Die Ausstellung der Plastinate diene der medizinischen Anschauung und erfülle einen Lehrzweck, hieß es in der Begründung der Richter. Damit sei die Leichenschau von der Wissenschaftsfreiheit in Artikel 5 des Grundgesetzes gedeckt. Die öffentliche Sicherheit, die Würde der Verstorbenen und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit würden durch die bloße Ausstellung der präparierten Leichen nicht beeinträchtigt.

Der Verkauf von «Körperwelten-Artikeln» wurde allerdings mit Ausnahme der Ausstellungskataloge und Postkarten untersagt. Auch einige für die Leichenschau ursprünglich vorgesehene Plastinate wie das Objekt «Scheuendes Pferd mit Reiter» ließen kein wirklich didaktisches Anliegen erkennen, hieß es. Diese Objekte erschienen als «Instrumentalisierung einer Leiche zu kreativer Gestaltung und damit als mit der Menschenwürde nicht vereinbarer Tabubruch».

Die Stadt sah sich auch nach dem Urteil in ihrer Haltung bestätigt. So sei der Beschwerde des Präparators nur stattgegeben worden, da von Hagens noch kurzfristig problematische Exponate zurückgezogen habe. Die Veranstaltung bekomme so ein neues Gesicht, sagte Wilfried Blume-Beyerle von der Stadtverwaltung. «Der immer wieder heftig kritisierte marktschreierische und menschenverachtende Eventcharakter entfällt.»

Vorausgegangen war der Entscheidung ein monatelanger Streit zwischen der Stadt München und von Hagens. Ende Januar billigte der Stadtrat dann mit breiter Mehrheit das Verbot. Von Hagens zog gegen die Entscheidung vor Gericht - zunächst allerdings nicht erfolgreich. So bestätigte am Dienstag das Münchner Verwaltungsgericht das Verbot in erster Instanz. Der Mediziner gab nicht auf und legte Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein.

Der 57 Jahre alte Anatom tritt wie Joseph Beuys mit Schlapphut auf und sieht sich als Aufklärer und Künstler. Die erfolgreiche Wanderausstellung des Heidelberger Instituts für Plastination ist bereits unter anderem in Tokio, Wien, Basel, Köln und Berlin gezeigt worden. Die Schau umfasst mehr als 200 menschliche Dauerpräparate, darunter 20 komplette Körper. Bei der Plastination werden Körperwasser und -fett entfernt und gegen Kunststoffe ausgetauscht. «Die Ausstellung wurde zum Welterfolg, weil sie die Herzen zu uns selbst öffnet», heißt es im Prospekt.