Konzert Konzert: Frech-frivol bis zur Ekstase
Leipzig/MZ. - Heute ist das genauso, nur ist heute alles viel größer bei Rosenstolz. Zwei Leinwände umrahmen am Sonntagabend die Bühne vor dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, viele der 18 000 Fans tragen Tour-Shirts und schwenken lila Fahnen. Aufschrift: "Liebe ist alles", eines der neueren Lieder.
Massentauglich ist auch der Song "Ich geh in Flammen auf" aus dem vergangenen Jahr. Entzücktes Geschrei in den ersten Reihen, als das Duo damit den geschichtsträchtigen Ort zur Open-Air-Arena erklärt. Frontfrau AnNa R. mit gewohnt kurzem Rock und strenger Miene. "Was für Lieder spielt man auf so einer Tour?", fragt Peter Plate das Publikum - schließlich gab es die Jubiläumskonzerte mit Songs aus 15 Jahren Bandgeschichte bereits im vorigen Jahr. "Alle!", schreit es ihm entgegen.
Die Band tut, was sie kann - mit neuen Hits und den Geheimtipps aus den Anfängen. Versetzt die Masse mit "Willkommen", "Liebe ist alles" oder "Königin" in Ekstase, um sie im nächsten Moment in zutiefst sentimentale Stimmung zu stürzen. Sogar der Fan-Chor in den ersten Reihen schlägt bei den Balladen leise Töne an. Das Publikum ist hin und weg - sei es bei "Aus Liebe wollt' ich alles wissen" von 2007 oder "Der Moment" von 1996. Fünf Zugaben wird es später einfordern.
Entertainer-Qualitäten beweist Peter Plate, als er sich für "Die Zigarette danach" erst seines weißen Unterhemdes entledigt und nach süffisanter Darbietung des Songs kokett meint: "Es sind so viele hübsche Jungs hier." Schließlich setzt AnNa R. zum genialen Höhenflug an mit ihrem "Soubrette werd' ich nie" vom ersten Rosenstolz-Album. Am besten ist sie sowieso, wenn sie Göre sein darf. "Ich bin der Song, der nie gespielt wird. Ich bin das Video, das nie läuft", besingt sie das "Kassengift" in ihrer verrucht-rotzigen Art. Und es klingt wie eine Abrechnung mit einer früheren Zeit, als tatsächlich kaum jemand die Musik der Berliner Band hören, geschweige denn in einem Musikvideo präsentiert sehen wollte.
Ein Kassengift sind ihre Alben heute längst nicht mehr. Längst ist aus der aufstrebenden Szene-Band ein gewaltiger Pop-Act geworden. Eines allerdings hat sich nicht geändert: Vier ausgeflippte Bühnenoutfits beanspruchte AnNa R. auch früher schon.