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Tiere Konferenz zu besserem Brandschutz in Tierställen

Zehntausende Tiere sterben deutschlandweit jedes Jahr bei Stallbränden - auch in Brandenburg brennen Dutzende Ställe. Brandschutzkonzepte sind nicht genügend auf die Rettung der Tiere ausgerichtet. Auf einer Konferenz wird diskutiert, wie Einsatzkräfte besser vorbereitet werden können.

Von dpa Aktualisiert: 29.03.2023, 13:13
Eine kleine Kuh aus Plastik steht auf einem Brett über einer Tür mit der Aufschrift „Kuhstall“.
Eine kleine Kuh aus Plastik steht auf einem Brett über einer Tür mit der Aufschrift „Kuhstall“. Patrick Pleul/dpa/Symbolbild

Potsdam - Wie können Tiere vor großen Stallbränden besser geschützt und bei Feuern schneller gerettet werden? Bisherige Brandschutzkonzepte in Baugenehmigungen von Ställen sind nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums in der Regel darauf ausgelegt, Menschen zu retten und nicht Tiere. Bei einem Kongress unter anderem in der Brandenburgischen Landwirtschaftsakademie in Seddiner See (Potsdam-Mittelmark) haben sich Fachleute dazu ausgetauscht und Bedarfe ermittelt. Die Veranstaltung ist nach Ministeriumsangaben bundesweit ein Novum. Verbraucherschutzstaatssekretärin Antje Töpfer sieht Nachholbedarf beim Brandschutz an Tierhaltungsanlagen. Tierschützer fordern einen Systemwechsel bei der Tierhaltung.

Bei der Veranstaltung ging es unter anderem um die technische Entwicklung, um rechtliche Regelungen, die Umsetzung von Brandschutzkonzepten und Schulungen. Bei einer praktischen Übung wurde ein Brandfall und die Evakuierung eines Stalls simuliert. Die Veranstaltung richtete sich unter anderem an Feuerwehren, Landwirte, Behörden, an die Wissenschaft und das Handwerk.

Hintergrund ist, dass die Evakuierungs- und Räumungskonzepte laut Ministerium auf einer Selbstrettung entlang von Rettungswegen beruhen. Zum anderen ist die Rettung der Tiere vom Menschen abhängig, der die Tiere aus dem Stall bringen muss. Das Zeitfenster, in dem Tiere noch durch Menschenhand aus dem Stall geführt werden können, ist bis zum Entdecken des Brandes oder Eintreffen der Rettungskräfte oftmals verstrichen. Verlängerte Anfahrtswege der Feuerlöschzüge zu Ställen außerhalb von Ortschaften erschweren zusätzlich eine rechtzeitige Rettung der Tiere.

Stallbrände sind in Brandenburg keine Seltenheit. Im Februar 2023 brannte ein Milchviehbetrieb in Steinhöfel (Oder-Spree), dabei kamen 27 Kälber ums Leben. Ebenfalls im Februar 2023 brannte in Zehdenick (Oberhavel) ein Stall, 40 Rinder wurden gerettet. Bei einem Stallbrand in Wriezen (Märkisch-Oderland) starben im August 2022 Tausende Hühner. Bei einem Feuer im Juni 2022 kamen in einer Stallanlage in Werneuchen (Barnim) nach Angaben des Besitzers 2500 Hähne um. Ende Juli 2022 brannte wegen des Waldbrandes in Elbe-Elster eine Schweinemastanlage ab, eine Vielzahl an Tieren verendete.

Bisher seien brandschutzrechtliche Anforderungen an Anlagen der Tierhaltung sehr unkonkret, sagte Verbraucherschutzstaatssekretärin Töpfer. Das Land unterstütze deshalb das Vorhaben des Bundes, Rechtsvorschriften zum Schutz von Bränden und technischen Störungen in Ställen zu verbessern. Die Landestierschutzbeauftragte Anne Zinke hält Schulungen für Einsatzkräfte für wichtig. Das Verhalten der unterschiedlichen Tierarten unterscheide sich deutlich voneinander. Zudem handele es sich in der Regel um viele in Panik geratene Tiere, führte sie aus. Schnelles Handeln könne der Schlüssel für das Überleben einer größtmöglichen Anzahl von Tieren sein.

Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten forderte unterdessen einen Systemwechsel im Umgang mit Tieren und im Rechtssystem. Neubauten für die Nutztierhaltung würden genehmigt, die weder Brandschutzauflagen erfüllten noch eine Tierrettung im Brandfall vorsehen, so der Vorwurf. Die Tierschützer erinnerten an den Großbrand in einer Schweinezuchtanlage in Alt Tellin (Vorpommern-Greifswald) vor fast genau zwei Jahren. Damals verendeten mindestens 50 000 Sauen und Ferkel in den Flammen. „Der Megastall in Alt Tellin und ähnliche Anlagen hätten nie gebaut und genehmigt werden dürfen, wenn wir in Deutschland ein funktionierendes Rechts- und Verwaltungssystem hätten, welches den Tierschutz ernst nimmt“, kritisierte Rüdiger Jürgensen, Mitglied der Geschäftsleitung von Vier Pfoten.

Nach Angaben der Initiative Stallbrände verbrannten im Jahr 2022 rund 90 000 Tiere in deutschen Ställen, die Zahl der Brände bei Tierhaltern lag bei 598. Im Jahr davor waren es 569 Brände. Davon wurden 24 in Brandenburg gezählt, nach 23 im Jahr 2021. Seit 2019 recherchiert die Initiative anhand öffentlich zugänglicher Quellen Informationen über Brände und Schadensfälle in der Landwirtschaft. Eine offizielle Statistik vom Verbraucherschutzressort gibt es nicht.