Bundeswehr Kameraden in Kaserne misshandelt: Ex-Soldaten verurteilt
Einige Soldaten des Bundeswehr-Wachbataillons geraten unter Verdacht. Von einem angeblichen „Wolfsrudel“ ist die Rede. Untersuchungen führen zu einem Verfahren um Gewalt. Sie nannten es „Rituale“.

Berlin - Drei ehemalige Soldaten der Bundeswehr sind nach Gewalt gegen einen damaligen Kameraden verurteilt worden. Das Berliner Landgericht sprach zwei 35- und 31-Jährige der schweren sexuellen Nötigung schuldig. Gegen die beiden Männer ergingen Bewährungsstrafen von einem Jahr und zehn Monaten beziehungsweise einem Jahr und acht Monaten. Ein 36-Jähriger wurde wegen unterlassener Hilfeleistung sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 6.400 Euro verurteilt.
Zu den Taten sei es bei Ritualen gekommen - „da sollte jemand gedemütigt werden“, sagte der Vorsitzende Richter Uwe Nötzel. Auch eine Demonstration von Macht sei es gewesen. Strafmildernd hätten sich die Geständnisse der Angeklagten sowie Zahlungen im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs von insgesamt 9.500 Euro ausgewirkt, so das Gericht.
Im Prozess ging es um zwei Vorfälle zwischen Februar und Mai 2021 in der Julius-Leber-Kaserne in Berlin-Reinickendorf. Opfer war ein inzwischen 24-Jähriger. In einem Fall wurde er auf einer Stube sexuell misshandelt - bei einem Ritual „Zäpfchen“, hieß es im Prozess. Der 36-Jährige habe nicht eingegriffen. Zudem sei er beteiligt gewesen, als sich sechs Soldaten nach gerufener Parole „Bombe“ oder „Schweinehaufen“ auf den Kameraden geworfen hatten.
Opfer leidet bis heute unter den Folgen
Der misshandelte 24-Jährige sagte im Prozess, nach den Angriffen hätten ihm damalige Kameraden „regelrecht eingetrichtert, dass es normale Rituale wären“. Er leide bis heute unter Schlafstörungen, Albträumen, Panikattacken. Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst Anfang 2025 sei er in Therapie gewesen. Er selbst habe die Angriffe in der Einheit aber nicht angezeigt.
Die Verteidigerin des 35-Jährigen sagte, es habe sich um eine ritualisierte Form von „den Anfängern zeigen, wie es geht“ gehandelt. Ihr Mandant habe selbst Rituale erlebt und sie weitergegeben. Es sei in einem „gruppendynamischen Kontext ohne sexuelle Motivation“ geschehen - „es ist kein Sexualdelikt“.
Die Anwälte der 35- und 31-Jährigen plädierten auf einen Schuldspruch wegen Nötigung und Bewährungsstrafen von zehn beziehungsweise neun Monaten. Für den 36-Jährigen beantragte der Anwalt eine Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 50 Euro (6.500 Euro). Sein Mandant sei wie die Mitangeklagten zudem bereits sanktioniert worden - „nach zwölf Jahren ist er aus der Bundeswehr entlassen worden“.
Verfahren begann mit Verdacht auf Rechtsextremismus
Das Verfahren kam vor knapp vier Jahren ins Rollen. Zunächst prüfte das Verteidigungsministerium einen Extremismusverdacht im Wachbataillon. Es gehe um eine mutmaßlich rechtsextreme Gruppe, die sich selbst als „Wolfsrudel“ bezeichnet habe, hieß es damals. Es habe Durchsuchungen gegeben. Diese Maßnahmen allerdings waren rechtswidrig, urteilte im Juli 2022 das Bundesverwaltungsgericht. So habe kein Anfangsverdacht bestanden, nur bloße Vermutungen hätten vorgelegen.
Die Staatsanwaltschaft hatte für die beiden Hauptangeklagten auf einen Schuldspruch wegen Vergewaltigung und auf Strafen von jeweils zwei Jahren auf Bewährung plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.