1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Kaffee-Sommelier Peter Dorndorf aus Leipzig: Kaffee-Sommelier Peter Dorndorf aus Leipzig: Filterkaffee liegt wieder im Trend

Kaffee-Sommelier Peter Dorndorf aus Leipzig Kaffee-Sommelier Peter Dorndorf aus Leipzig: Filterkaffee liegt wieder im Trend

Von Antonie Städter 24.10.2015, 19:42
Einen Kaffee gefällig? Peter Dorndorf bereitet ihn in seiner „Brühbar“ mit ganz unterschiedlichen Methoden zu - sei es mit der Chemex, einem Handfilter oder Syphon.
Einen Kaffee gefällig? Peter Dorndorf bereitet ihn in seiner „Brühbar“ mit ganz unterschiedlichen Methoden zu - sei es mit der Chemex, einem Handfilter oder Syphon. Andreas Stedtler Lizenz

Wenn Peter Dorndorf eine Tasse Kaffee trinkt, dann trinkt er nicht einfach eine Tasse Kaffee. Dann fühlt er die Aromen heraus, riecht, schmeckt, genießt. Stellt die Tasse zurück und sagt im besten Fall: „Da bekomme ich eine Gänsehaut.“ An diesem Vormittag im Leipziger Szene-Stadtteil Plagwitz überrascht dieses Urteil nicht wirklich. Immerhin trinken wir seinen Lieblingskaffee von hell gerösteten „Aramo“-Bohnen aus dem Anbaugebiet Yirgacheffe in Äthiopien. Und zwar genau so zubereitet, wie er es besonders mag: klassisch gebrüht. Mit einer „Chemex“ in diesem Fall - einer 1941 entwickelten Glaskaraffe mit Papierfilter, die so zeitlos schön ist, dass ein Exemplar davon zur Sammlung des Museum of Modern Art in New York gehört. Der helle „Aramo“ hat etwas Fruchtiges, erinnert beinahe an Tee. Natürlich, das versteht sich fast von selbst, trinken wir ihn ohne Milch und Zucker. „Durch die helle Röstung und die Filtermethode schmeckt man den Charakter des Kaffees ganz deutlich“, erklärt der 43-Jährige.

Röstmeister und Kaffee-Sommelier mit Diplom

Nein, natürlich ist Peter Dorndorf kein gewöhnlicher Kaffeetrinker. Sondern Röstmeister. Und Kaffee-Sommelier - mit Diplom. Ja, so heißt das wirklich: Wie beim Wein lassen sich schließlich auch beim Kaffee viele ganz unterschiedliche Aromen wahrnehmen. Dorndorf, ein gelernter Industriekaufmann, der später als Personaler tätig war, hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht - weil er irgendwann merkte, „dass das nicht mehr nur ein Hobby war“. Hier, in Leipzig, wo das „Schälchen Heeßer“ zur Tradition gehört, betreibt er seit knapp drei Jahren die „Brühbar“: Dort verkauft er edlen Kaffee, vornehmlich in hellen Röstungen, bietet Workshops an. Kaffee-Genießer können die Sorten probieren und auch die verschiedenen Zubereitungsmethoden kennenlernen. „Wir haben hier 15 Arten, den Kaffee zu machen - bevorzugt in schonenden Filterverfahren“, sagt der Fachmann, der natürlich stets eine Waage zur Hand hat, um die optimale Kaffeemenge abzumessen.

Genau so genießen immer mehr Kaffee-Fans ihr Lieblingsgetränk besonders gern: aus sorgfältig ausgewählten Bohnen, mit ausgeklügelten Brühmethoden. Nach Jahren des schnellen „Coffee to go“ wird hochwertiger Kaffee immer beliebter, hat auch der Deutsche Kaffeeverband in Hamburg beobachtet: Kaffee werde nun - wie Wein - als Genießerprodukt gesehen, „sein Erlebnis zelebriert“. Etwa in szenigen Coffeebars in den Großstädten. Nicht nur die Profis fachsimpeln da über die perfekte Wassertemperatur, Mengenverhältnisse und Mahlgrade, die Herkunft der Bohnen und natürlich über zig Zubereitungsformen samt Gerätschaften.

Lesen Sie weitere Einzelheiten auf der nächsten Seite.

„Third Wave“ nennen die Experten diese Bewegung, die dritte Welle der Kaffeekultur. Nachdem der Kaffee Mitte des vorigen Jahrhunderts flächendeckend verfügbar und bevorzugt als Filterkaffee getrunken wurde, kam später die zweite Welle mit Espresso, Latte Macchiato, Kaffeehausketten - Kaffee als Lifestyle. Nun, in Phase drei, ist Filterkaffee wieder richtig angesagt. Damit lassen sich die individuellen Kaffeearomen besonders gut zur Geltung bringen, sagen Kenner. Wobei das Ergebnis, klar, ein ganz anderes ist, als der schnöde Bürokaffee aus der Maschine.

Die moderne Art der Zubereitung funktioniert nicht unbedingt auf Knopfdruck, braucht meist ihre Zeit. Bei den Gerätschaften handelt es sich mal um die Glaskaraffe Chemex, mal um einen Brühzylinder namens AeroPress; verwendet werden zum Beispiel auch klassische Handfilter aus Porzellan oder - besonders eindrucksvoll - der Glas-Syphon. Je nach Kaffee, Geschmack und Philosophie. Eine Wissenschaft für sich.

Auch unter Peter Dorndorfs Kunden sind einige Enthusiasten, wie er freudig erzählt. Schließlich lautet sein Ziel: „Zeigen, was Kaffee drauf hat.“ Dafür achtet er auf jedes Detail. Was beim Rösten des Kaffees beginnt - die Kunden in der Brühbar können dabei zuschauen. „Ich tüftle für jeden Kaffee ein eigenes Röstprofil aus - bei einer neuen Sorte gehen da schon mal fünf, sechs Kilo drauf“, berichtet er. Entscheidend sei einerseits der sogenannte Crack - „der Moment, in dem die Bohne aufplatzt“. Zum anderen richte er sich nach seinen Sinnen, vor allem nach dem Duft, um herauszufinden, ob die Röstung den Grad erreicht hat, den sie haben soll. „Dabei geht es teilweise um Sekunden.“ Dorndorf schwört auf helle Röstungen, verwendet dafür ausschließlich Arabica-Bohnen. „Ganz feine, frische Nuancen werden nur in hellen Röstungen erhalten“, sagt er. Zudem röstet er die Bohnen deutlich länger und schonender, als es zum Beispiel beim gewöhnlichen Industriekaffee der Fall sei - „etwa zwischen 10 und 17 Minuten“. Dadurch werden aggressive Säuren abgebaut, erklärt er, „der Kaffee ist bekömmlicher“.

Der Kaffee wurde sein Hobby

Es war vor 14 Jahren, als Peter Dorndorf den Kaffee als sein Thema entdeckte: „Ich war mit meiner Frau nach Costa Rica gereist, in einer Rösterei in San José genossen wir einen unglaublich aromatischen Kaffee - und ich fragte mich: ,Was trinken wir da eigentlich in Deutschland?’.“ Wieder zurück, beschäftigte er sich intensiver mit Kaffee, hörte hier etwas, las da etwas. Der Kaffee wurde sein Hobby. Er eignete sich immer mehr Wissen an, probierte mit einem kleinen Röster - bis er irgendwann wusste: Das ist es. Heute sagt er: „Ich möchte in meinem Leben nichts anderes mehr machen.“

Dass es mit dem liebsten Getränk der Deutschen nie langweilig wird, zeigt auch ein Trend, der sich im Sommer beobachten ließ: kalter Kaffee. Es ist natürlich mehr als das. „Cold Brew“, sagen Kenner zu dem über Stunden kalt Gebrühten. Etwas extravaganter: „Cold Drip“. Peter Dorndorf erklärt: „Der Kaffee wird mit kaltem Wasser Tröpfchen für Tröpfchen über Stunden extrahiert.“ Und schwärmt: „Es entsteht ein dicker, süßlicher Kaffeesaft - eine tolle Basis für Kaffee-Spezialitäten und Kaffee-Cocktails.“ (mz)

Mehr im Netz: www.bruehbar.de

und www.kaffeeverband.de

Filtern mit Brühzylinder: die AeroPress.
Filtern mit Brühzylinder: die AeroPress.
stedtler Lizenz
James Hoffmann: Der Kaffeeatlas Hallwag Verlag, 256 Seiten, 29,99 Euro
James Hoffmann: Der Kaffeeatlas Hallwag Verlag, 256 Seiten, 29,99 Euro
Hallwag Verlag Lizenz