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Italien Italien: Der bekannteste Schwarzfahrer ist ein Hund

04.12.2001, 12:17

Rom/dpa. - Doch Huskies haben einen starken Willen. Fast täglich besuchte derheute fünfjährige Rüde die Fahrkartenverkäuferin, den Kassierer inder Bar und die Pendler auf dem Weg zur Arbeit ins 20 Kilometerentfernte Rom. Die konnten dem beigefarbenen Charmeur nichtwiderstehen, und nach kürzester Zeit hatte der seine eigeneBahnsteig-Lobby. Denn obwohl Hunde selbst in menschlicher Begleitungnicht in Züge dürfen, gilt das schon lange nicht mehr für Sadu: JedenMorgen um sieben stellt er sich in die Warteschlange, fährt dann mitdem Zug Richtung Rom. An der ersten Haltestelle steigt er aus undfolgt der Unterführung in die römische Vorstadt Acilia.

Er warte am Zebrastreifen, überquere - natürlich bei Grün - dievierspurige Schnellstraße und laufe zu seiner Lieblingsbäckerei,erzählen die Menschen. Dort klopft er mit der Pfote an die Scheibe,bis ihm jemand die Tür öffnet, reibt dann seinen Kopf am Bein vonSalvatore Roselli. «Sadu ist wählerisch und doch bescheiden»,berichtet der Bäcker. «Targhettine» müssten es sein, Plätzchen ausMürbeteig. Immer zwei Stück. Auch die Kunden hätten ihren Spaß mitihm, keiner beschwere sich, dass der Hund mitten im Laden herumliege.

Zum Mittagessen verabschiedet er sich, schaut einige Straßenweiter bei Signora Adriana auf einen Napf Nudeln vorbei. Oder erfährt noch eine Station mit der Eisenbahn zu einem befreundetenFleischer, bevor er den Zug zurück nach Ostia Antica nimmt, wo er aufdem Bauhof seiner Besitzerin Federica Francucci lebt. Von seinenAusflügen hatte die 27-Jährige lange nichts gewusst. Sie habe davonerst durch Reisende erfahren, die ihre Telefonnummer auf SadusHalsband gesehen hätten, sagt sie. Gegen die täglichen Ausflüge ihresHundes hat sie nichts einzuwenden.

«Manche nehmen ihn einfach mit nach Hause», klagt sie allerdings.Nicht immer in guter Absicht. Das letzte Mal kehrte der Lieblingaller Schaffner nach einwöchiger Abwesenheit ohne Halsband und mitunkenntlicher Tätowierung zurück. Besitzer, Freunde, Fahrgäste hattenzuvor die Stadt mit Suchplakaten zugeklebt, auch die Carabinierifahndeten nach dem Tier. «Wer hat Sadu entführt?» titelte derrömische Lokalteil der Zeitung «Il Messagero». Manche wollten ihn garüber «Chi l'ha visto», der italienischen Fernsehsendung, in der nachvermissten Personen gesucht wird, wiederfinden.

Kaum zu Hause, war Sadu Studiogast einer TV-Show. Seitdem ist erin Rom ein Star. In seiner Lieblingsbäckerei ist nichts beim Altengeblieben. «Samstags ist es hier rappelvoll», freut sich BäckerRoselli. «Die Leute wollen Sadus Kekse probieren».