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Israel Israel: Zoo in Jerusalem kämpft für Tierarten aus der Bibel

18.07.2005, 08:59
Eine Gruppe von Oryx-Antilopen steht in ihrem Gehege im biblischen Zoo von Jerusalem, wo sich in einer möglichst ursprünglich gestalteten Umgebung Tiere tummeln, die schon in der Bibel erwähnt werden. (Foto: dpa)
Eine Gruppe von Oryx-Antilopen steht in ihrem Gehege im biblischen Zoo von Jerusalem, wo sich in einer möglichst ursprünglich gestalteten Umgebung Tiere tummeln, die schon in der Bibel erwähnt werden. (Foto: dpa) dpa

Jerusalem/dpa. - Hier tummeln sich in einer möglichstursprünglich gestalteten Umgebung Tiere, die schon in der Bibelerwähnt werden - Bären, Wölfe, Löwen, Antilopen, Damhirsche,Schlangen und Geier. Neben dem Gehege jeder Tierart steht aufHebräisch, Arabisch und Englisch der biblische Vers, in dem sieerwähnt wird. «Wir wollen auch unseren Beitrag zur Ko-Existenz der Menschen in dieser Region leisten», erklärt Zoosprecherin Sigalit Dvir die Vielsprachigkeit.

Gegründet wurde der biblische Zoo 1928 von Professor AharonSchulov, einem der Pioniere auf dem Gebiet der Zoologie an derHebräischen Universität in Jerusalem. In den Anfangsjahren war es nurein kleiner Zoo für Kinder im Stadtzentrum Jerusalems. «Damals hatteSchulov nur einige biblische Tiere, zum Beispiel Wölfe, Hyänen undSchakale», erzählt Dvir. Nach mehreren Umzügen innerhalb der Stadteröffnete der Park dann 1993 seine Tore an der gegenwärtigen Stelle,im Südwesten der Stadt.

Ziel des idealistischen Zoogründers war es, den Menschen inIsrael, viele davon entwurzelte Flüchtlinge aus aller Welt, die Naturund die biblische Überlieferung näher zu bringen. «Er sah dies alsseine Lebensaufgabe», sagt Dvir. «Er wollte auch eine Annäherungzwischen Akademie und Volk erreichen.» Über den zionistischenVisionär gibt es einige skurrile Anekdoten zu erzählen. So habe eretwa unbedingt die Vision des biblischen Propheten Jesaja «dann wohnt der Wolf beim Lamm» umsetzen wollen, so die Sprecherin. «Es ist allesgut gegangen, er musste nur ab und zu das Lamm ersetzen», witzeltsie.

Aber in dem Zoo, durch den man mit einem kleinen Bummelzug fahrenkann, gibt es auch viele Tiere, die nicht in der Bibel erwähnt sind.«Ein Zoo ohne Giraffe und Elefant, der hat einfach keine Chance»,erklärt Dvir mit einem Augenzwinkern. Außerdem gibt es auch die«nicht-biblischen» Flamingos, Zebras, Tapire, Nashörner und Kängurus.Für Kinder kostet der Eintritt 32 Schekel (knapp sechs Euro), fürErwachsene 40 Schekel (gut sieben Euro).

Gleich nach dem Eingang des Zoos gleiten majestätisch weiße undschwarze Schwäne auf einem großen Teich. Der Schwan sowie der Adlerund der Geier werden im 2. Buch Mose gemeinsam mit einer Reiheanderer Vögel genannt, die als unrein gelten und nicht vom VolkeIsrael gegessen werden sollen.

Die Besucherroute führt auch durch das «Land der Bibeltiere», woman von einer Holzbrücke aus mesopotamische Damhirsche, Berggazellen,Steinböcke und weiße Oryx-Antilopen beobachten kann. Am Ende derRoute stößt man auf einen riesigen Nachbau der biblischen Arche-Noah.Im Bauch des hölzernen Schiffs befindet sich ein Besucherzentrum mitAuditorium und einer Galerie.

An einem anderen Ort können Kinder mit großen bunten Statuen vonFantasietieren der weltbekannten Künstlerin Niki de Saint Phalle(«Nanas») spielen. Die Anspielungen auf biblische Überlieferungensind zahlreich: Am Rande des Besucherpfads liegt «Moses Felsen», ausdem eine Quelle fließt. «Wir haben einen Schlauch in dem Steinversteckt», erläutert Dvir die prosaische Nachbildung des biblischenWunders vom Wasser, das dem Stein entspringt, als Moses mit einemStock darauf schlägt.

Nicht immer sind sich die Bibelforscher sicher, welche Tiere mitden Tiernamen im Alten Testament gemeint sind. «Wir glauben, dass dasbiblische Tier "Behemot" das heutige Nilpferd ist», sagt Dvir. DerName könnte jedoch auch Seeungeheuer oder Drache bedeuten. Früherlebte es in den Sümpfen und wurde wegen seiner Elfenbein-Zähnegejagt. Im Buch Hiob wird das Tier als Beispiel großer Kraft erwähnt:«Siehe da den Behemot, den ich geschaffen habe wie auch dich! Erfrisst Gras wie ein Rind. Siehe, welch eine Kraft ist in seinenLenden und welch eine Stärke in den Muskeln seines Bauchs!» ImBibelzoo haben die wasserliebenden Hippos ihr eigenes Gehege.

Der biblische Zoo bemüht sich auch darum, im Alten Testamenterwähnte Tiere, die in Israel inzwischen nicht mehr vorkommen, wiederin der freien Wildbahn anzusiedeln. In den letzten Wochen sind sechsDamhirsche, hebräisch «Jachmor» genannt, in die Natur entlassenworden. Die Tiere, die in der Bibel als eine von sieben Arten genanntwerden, die vom Volk Israel gegessen werden dürfen, waren seit Endedes Ersten Weltkriegs in der Region ausgerottet. Sie waren auch alseine der Delikatessen bekannt, die an der Tafel des Königs Salomonserviert wurden. In der Bibel dient der Hirsch unter anderem alsSymbol der Sehnsucht nach Gott: «Wie der Hirsch lechzt nach frischemWasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.» Zudem symbolisiert erSchnelligkeit und Behendigkeit, etwa in der wiederholt vorkommendenRedewendung: «Er macht meine Füße gleich den Hirschen».

1955 entdeckte der deutsche Baron von Opel im Westen Irans einekleine Herde des persischen Damhirschs. Er erwarb eine Anzahl vonihnen für seinen Zoo in Kronberg und begann mit der Züchtung derTiere. Die israelischen Behörden bemühten sich daraufhin ebenfalls,Damhirsche aus dieser Gegend zu importieren, um sie wieder in ihrerhistorischen Heimat, den Wäldern Galiläas, anzusiedeln. 1978 wurdenmit der letzten Maschine der israelischen Fluggesellschaft El Al ausTeheran vier Exemplare ausgeflogen, die den Grundstock für dieheutige Zoopopulation bildeten.

Um die genetische Vielfalt zu fördern, wurden vor zwei Jahren zweiHirsche aus dem Opel-Zoo nach Israel gebracht, die inzwischen mehrereNachfahren haben. Die Pfleger nennen diese Tiere liebevoll die«Jekkes» - sonst eine Bezeichnung für aus Deutschland eingewanderteJuden. Heute ist Israel neben Iran das einzige Land der Welt, in demmesopotamische Damhirsche in freier Wildbahn leben.

Ein weiteres Projekt des Zoos ist die Züchtung und Freilassung vonGeiern. Dvir weiß eine amüsante Geschichte über ein homosexuellesGeierpaar in dem Park zu erzählen, das gemeinsam ein Küken aufgezogenhat. «Sie haben sich wirklich so aufopfernd um den Kleinen gekümmert,es war herzerwärmend.» Die Geier, mit einer Flügelspannbreite von biszu 2,8 Metern die größten Raubvögel, werden im Norden Israels naheZichron Jaakov in die Wildbahn entlassen.

Im früheren Palästina als Schnittstelle zwischen den dreiKontinenten Afrika, Asien und Europa gab es noch eine große Vielfaltan Wildtieren. Die fortschreitende Bevölkerung sowie die massiveAbholzung natürlicher Wälder insbesondere zur Zeit der 400 Jahredauernden osmanischen Herrschaft, die 1917 endete, zerstörte immermehr Lebensräume.

Die Löwen in den Steppen des Orients wurden bereits zuKreuzfahrerzeiten vor etwa 900 Jahren ausgerottet. Der König derTiere habe bei den Menschen schon immer große Furcht ausgelöst,erklärt Dvir. Er wird in der hebräischen Bibel etwa 150 Mal erwähnt,mehr als alle anderen Raubtiere zusammen. Babylonische Königerichteten sich Gruben mit ausgehungerten Löwen ein, die zurHinrichtung von Verbrechern dienten. In der Bibel wird das Tierwundervon Daniel erwähnt, der in eine Löwengrube geworfen wird undüberlebt. Eine andere bekannte Geschichte erzählt von Simson, der aufdem Weg zu seiner Braut einen jungen Löwen tötet. Auch der biblischeKönig David berichtet, er habe als Hirtenjunge Löwen und Bärenerlegt.

Die unbarmherzige Jagd auf das majestätische Tier zu Zeiten desrömischen Reiches, als viele Raubkatzen zu Gladiatorenspielen benutztwurden, führte zu einer erheblichen Dezimierung der asiatischenLöwen, die von Griechenland bis Zentralasien lebten. Zu Beginn des20. Jahrhunderts kam diese Art nur noch im Gir-Wald an der WestküsteIndiens vor. Anders als die afrikanischen Löwen haben die asiatischenMännchen nicht so eine volle Kopfmähne. Daher sind die Ohrensichtbar, während sie bei dem afrikanischen Vetter meist verdecktsind. Mit der Rückkehr einiger asiatischer Löwen in den biblischenZoo in Jerusalem hat sich ein historischer Kreis geschlossen: DerLöwe ist das Symbol des biblischen Stammes Judah sowie der StadtJerusalem.

Der Elefant kommt nicht in der Bibel, sondern nur in einer derspäteren jüdischen Glaubensschriften über den Kampf der Makkabäergegen die Griechen vor. Dort wird beschrieben, wie ein jüdischerKämpfer bei einer Schlacht unter einen Elefanten kriecht und ihn vonunten durchbohrt. Der Elefant stürzt dann auf den Angreifer und tötetihn. Auch über den Affen gibt es altertümliche Legenden: Die Königinvon Saba soll König Salomon eines der Tiere als exotischesGastgeschenk mitgebracht haben.

Ein syrischer Braunbär nimmt in seinem Gehege im biblischen Zooein kühlendes Bad. Er war schon zu Jesus Zeiten besonders von denHirten gefürchtet und richtete in deren Herden große Schäden an.Deutsche Offiziere auf der Bärenjagd erlegten kurz vor dem ZweitenWeltkrieg die letzten wildlebenden Tiere dieser Art in der Region.Sprecherin Dvir betont, der Zoo habe sich der Aufgabe verschrieben,die fortschreitende Ausrottung der biblischen Tiere zu stoppen undteilweise sogar rückgängig zu machen. «Ein moderner Zoo ist wie eineArche Noah. So wie Noah Tiere vor einer ökologischen Katastropherettete, bewahren wir heute die Tiere vor dem Aussterben.»