Interview Erdbebenstation Bensberg Interview Erdbebenstation Bensberg: Italienisches Beben in Deutschland deutlich messbar

Bensberg - Wir haben den Experten Claus Fleischer, Mitarbeiter der Erdbebenstation der Uni Köln in Bensberg, zu dem Beben in Mittelitalien befragt.
Herr Fleischer, was haben Sie in der Erdbebenstation Bensberg von dem Ereignis in Italien mitbekommen?
Fleischer: Wir konnten das Beben ganz deutlich messen. Erschütterungen haben wir hier aber nicht gespürt, dafür liegt Bensberg mit 1029 Kilometern einfach zu weit vom Epizentrum entfernt.
Was genau ist da heute Nacht unter der Erde passiert?
Es gab eine so genannte Abschiebung in zehn Kilometern Tiefe, eine gewöhnliche Tiefe, nichts Besonderes. Auch die Region um Perugia ist ein alter Bekannter, das Ereignis heute Nacht mit einer Magnitude von 6,2 war das dritte schwere dort seit 1915. In dieser Region drückt die afrikanische auf die eurasische Kontinentalplatte.
Daraus resultiert eine Zugspannung. Einfach gesagt: Italien wird von Norden und Süden zusammengedrückt, die Kraft geht nach außen weg, die Gegend senkt sich schlagartig, so entsteht das Erdbeben. In vielen Millionen Jahren wird es an dieser Stelle womöglich einmal einen tiefen Graben geben.
Das heißt, die Menschen in der Region mussten jederzeit mit einem solchen Erdbeben rechnen?
Ja. In den vergangenen Jahren sind die Bauvorschriften dort auch deutlich verschärft worden, und sie werden sicher auch besser kontrolliert. Aber es gibt natürlich immer auch ältere Gebäude, die nicht unbedingt erdbebensicher gebaut sind, und die können bei einem Ereignis wie heute Nacht zumindest starke Schäden erleiden. Die Bilder, die man sieht, sehen ja teilweise verheerend aus.
Kann man Häuser so sicher bauen, dass sie einem Erdbeben mit der Stärke 6,2 standhalten?
Ja, das ist problemlos möglich. Denken Sie zum Beispiel an Kalifornien oder Japan. Da werden Häuser und Hochhäuser gebaut, die auch deutlich größere Magnituden schadensfrei überstehen. Grob gesagt kann man Gebäude zum Beispiel auf Stoßdämpfer stellen oder auf Kugeln, so dass das Haus nicht zur Seite hin erschüttert wird.
1992 erschütterte ein Beben der Stärke 5,9 die Gegend um Roermond. War das eine einmalige Ausnahme? Oder müssen wir damit rechnen, dass sich ein Erdbeben wie in der Provinz Perugia auch im Rheinland jederzeit wiederholen kann?
Das Roermond-Erdbeben kehrt in dieser Stärke statistisch gesehen alle 80 Jahre wieder. Die Ursache war 1992 eine ganz ähnliche wie jetzt in Italien. Auch hier im Rheinland muss man immer wieder mit Erdbeben einer Magnitude von 7 oder auch ein bisschen drüber rechnen. Wobei wir nicht wissen, wann das passiert. Ausschließen kann man es nicht.