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Klimaschutz Mehr Bäume für Berlin – Koalition übernimmt Bürgerentwurf

Statt eigener Lösungen übernimmt die Politik den Plan der Initiative „BaumEntscheid“. Wie viel Grün bekommt Berlin – und woher kommt das Geld für eine Million Bäume?

Von dpa Aktualisiert: 01.10.2025, 14:14
Berlin soll deutlich mehr Bäume und Grünflächen bekommen. (Archivbild)
Berlin soll deutlich mehr Bäume und Grünflächen bekommen. (Archivbild) Shireen Broszies/dpa

Berlin - Überraschende Wende im Streit um mehr Bäume für Berlin: Anders als zunächst angekündigt verzichtet die Regierungskoalition aus CDU und SPD auf einen eigenen Gesetzentwurf zu diesem Thema. Stattdessen will sie den Entwurf der Bürgerinitiative „BaumEntscheid“ übernehmen und am 3. November in einer Sondersitzung des Abgeordnetenhauses beschließen. 

Das kündigten die Fraktionsvorsitzenden Dirk Stettner (CDU) und Raed Saleh (SPD) an. Bis dahin will die Koalition noch offene Detailfragen im Gesetzentwurf mit der Bürgerinitiative klären. Dazu zählt die Frage, wo Hunderttausende neue Bäume gepflanzt werden. Offen ist auch die Ausgestaltung eines sogenannten Kontrollrates: Ein solches Gremium soll nach dem Willen der Initiative über die Umsetzung des Gesetzes wachen.

Volksentscheid bald vom Tisch?

Das Bündnis strebte bisher einen Volksentscheid über mehr Stadtgrün und mehr Anpassung an den Klimawandel an. Sie will unter anderem eine Million Bäume in Berlin bis 2040. Um Vergleich: Heute gibt es laut Stettner rund 440.000 Stadtbäume, die Tendenz war zuletzt rückläufig. Sollte das Parlament den Gesetzentwurf der Initiative im Wesentlichen beschließen, wäre der Volksentscheid vom Tisch.

Der schwarz-rote Senat hatte den Entwurf, den die Initiative um Zuge eines Volksbegehrens mit einer Unterschriftensammlung auf den Weg gebracht hatte, mit Blick auf hohe Kosten abgelehnt. Die Koalitionsfraktionen im Abgeordnetenhaus waren dieser Linie indes nicht gefolgt und hatten noch in der Vorwoche einen eigenen Gesetzentwurf in Aussicht gestellt. Die Initiative hatte das scharf kritisiert und vor einer Verwässerung ihrer Pläne gewarnt.

„Brauchen mehr Grün“

CDU und SPD betonten, dass sie trotz Milliardenkosten voll hinter den Zielen der Bürgerinitiative stehen. „Wir beabsichtigen, ihren Gesetzentwurf inhaltlich in seinem wesentlichen Bestand unverändert anzunehmen“, sagte Stettner. „Wir haben das Ziel, Klimafolgen zu bekämpfen, für den Hitzeschutz etwas zu tun und mehr Bäume in die Stadt zu bringen.“ Mehr Grün mache die Stadt lebenswerter.

In dieselbe Kerbe schlug Saleh und verwies auf die Herausforderungen durch die Erderwärmung. „Wer heute nicht in Artenvielfalt, in Stadtgrün, in Kühlung, in den Schutz vulnerabler Gruppen, in den Schutz von Luftzirkulation investiert, der denkt nicht voraus.“ 

Milliardenkosten

Die Kosten für das Vorhaben - gestreckt über etwa 15 Jahre - sind immens. Die SPD-Fraktion geht von drei bis zehn Milliarden Euro aus. Die offizielle Kostenschätzung des Senats beläuft sich auf gut sieben Milliarden Euro. Die Initiative „BaumEntscheid“ geht nach früheren Schätzungen von 7,5 Milliarden Euro inzwischen nur noch von drei bis vier Milliarden Euro aus, wie Mitinitiator Heinrich Strößenreuther sagte. Die Koalition hofft, einen Teil der Kosten mit Hilfe von Sondertöpfen des Bundes für Investitionen finanzieren zu können.

Bündnis reagiert positiv

Strößenreuther begrüßte die Ankündigungen von CDU und SPD, er sprach von einer erfreulichen „Kehrtwende“. Die Koalition trage das Ziel von einer Million Stadtbäumen mit und habe auch Bereitschaft gezeigt, die Kosten zu stemmen. Zudem würden geplante Haushaltskürzungen bei Baumpflanzungen zurückgenommen. 

„Das ist ein tolles Ergebnis“, sagte Strößenreuther. „Wir haben den Eindruck, dass sich wirklich etwas verändert hat in dem Stellenwert von Stadtgrün, von Stadtnatur, von Bäumen und der Aufgabe, die dahintersteht.“ Der Aktivist zeigte sich zuversichtlich, dass noch offene Punkte in dem Gesetzentwurf mit CDU und SPD geklärt werden könnten.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch sagte, der Druck der Initiative „BaumEntscheid“ habe sich ausgezahlt. Nach Worten müssten CDU und SPD nun Taten folgen lassen. „Wer eine Million Bäume in Berlin pflanzen will, braucht dafür Geld, Personal, die nötigen Flächen und eine wirksame Kontrolle der Umsetzung. Das alles enthält das Bäume-Plus-Gesetz. Wer daran Abstriche macht, der führt die Berlinerinnen und Berliner hinter die Fichte!“ 

Zeitplan ist eng

Wie sieht der weitere Zeitplan aus? Am 8. Oktober wird die Initiative im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses erneut angehört. Am 17. Oktober wertet der Ausschuss die Ergebnisse aus und formuliert eine Beschlussvorlage für das Parlament. 

Am 3. November soll das Abgeordnetenhaus das Gesetz dann auf einer Sondersitzung beschließen. Der Termin hat mit dem Ablauf einer gesetzlich vorgegebenen Frist zu tun, innerhalb derer sich das Parlament zu dem Gesetzentwurf der Baum-Initiative verhalten muss. Die reguläre Plenarsitzung am 6. November wäre dafür zu spät.