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Von Kokain-Dealern bestochen? Inhaftierter Staatsanwalt: „Maulwurf läuft noch frei herum“

Er brachte zahlreiche Drogenhändler ins Gefängnis, jetzt sitzt ein Staatsanwalt aus Hannover selbst auf der Anklagebank. Der 39-Jährige bestreitet Geschäfte mit der international agierenden Bande.

Von dpa Aktualisiert: 12.05.2025, 13:51
Der angeklagte Staatsanwalt betritt den Gerichtssaal.
Der angeklagte Staatsanwalt betritt den Gerichtssaal. Julian Stratenschulte/dpa

Hannover - Der wegen Korruption angeklagte Staatsanwalt hat den Vorwurf, Geschäfte mit der Kokain-Mafia gemacht zu haben, entschieden zurückgewiesen. Die Beweisaufnahme werde ergeben, dass nicht er, sondern ein Beamter des Landeskriminalamts Niedersachsen der „Cop“ aus den entschlüsselten Chats sei, sagte der 39 Jahre alte Jurist am zweiten Prozesstag im Landgericht Hannover. Er wolle niemanden bezichtigen, weil er am eigenen Leib erfahre, was falsche Anschuldigungen bedeuteten. 

Der Dezernent der Betäubungsmittel-Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Hannover sitzt seit Ende Oktober in Untersuchungshaft. Laut Anklage soll er zwischen Juni 2020 und März 2021 gegen Geld Interna aus Ermittlungsverfahren preisgegeben und die international agierende Kokain-Bande vor einer Razzia gewarnt haben - Drogenbosse setzten sich ins Ausland ab. 

Konkret werden ihm 14 Fälle von besonders schwerer Bestechlichkeit zur Last gelegt. Zudem ist der Deutsch-Iraner wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und Strafvereitelung im Amt angeklagt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Angeklagter Jurist: „So dumm bin ich nicht“

Wegen Beihilfe zur Bestechung ist ein 41 Jahre alter Boxtrainer mitangeklagt. In zwölf Fällen soll er als Mittelsmann der Kokain-Bosse fungiert haben. In einem Kampfsport-Studio soll er die monatlich vereinbarten 5.000 Euro in bar dem Staatsanwalt überreicht haben. 

Wenn er der gesuchte Maulwurf sei, hätte er sich bestimmt nicht offiziell in dem Studio angemeldet, dort Selfies gemacht und Bestechungsgeld am selben Tag am Geldautomaten eingezahlt, sagte der Angeklagte. „So dumm bin ich nicht. Ich bin ein erfahrener Ermittler.“ Zudem sei er nicht in Geldnot gewesen, die angeblichen Bestechungsgelder seien ein Witz. Dafür hätte er bestimmt nicht „meinen Job, meine Arbeit, mein Renommee, meine Pension, meine gesamte Existenz aufs Spiel gesetzt“.

Staatsanwalt ließ vor Razzia geflüchtete Verdächtige aufspüren

Ausführlich sprach der Angeklagte von seinen Ermittlungserfolgen als Spezialist für Drogenverfahren. So habe er die vor der Razzia geflüchteten Verdächtigen im Großkomplex „Belarus“ mit Hilfe von Zielfahndern gejagt, viele von ihnen aufgespürt und für sie hohe Strafen erwirkt. Der 39-Jährige fragte: „Macht das ein Staatsanwalt, der erpressbar ist?“ Auch seine Vorgesetzte habe gesagt, dass er „schizophren“ sein müsste, wenn er der Tätergruppe, gegen die er so hart vorgeht, Informationen verkauft hätte. 

Die angeklagten Taten stünden kurz vor der Verjährung, deshalb wolle die Staatsanwaltschaft „einen Kopf rollen sehen“. Er sei der Sündenbock, beklagte der 39-Jährige. „Während der Maulwurf noch draußen frei rumläuft, sich ins Fäustchen lacht und die Verjährung abwartet.“