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Knöllchen und Bußgelder In vielen Kommunen gilt „Weihnachtsfrieden“

Viele Städte in Sachsen-Anhalt verzichten rund um Weihnachten auf Strafzettel und Zwangsräumungen. Ein Freifahrtschein ist das allerdings nicht. Oft kommt die Post dann im neuen Jahr.

Von dpa 14.12.2025, 04:30
In der Weihnachtszeit verzichten viele Kommunen auf sogenannte Knöllchen.
In der Weihnachtszeit verzichten viele Kommunen auf sogenannte Knöllchen. Matthias Bein/dpa

Magdeburg - „Ho, Ho, Ho... das war knapp“, steht auf grünen Zetteln, die Mitarbeiter des Ordnungsamtes in Gardelegen in den kommenden Tagen an die Windschutzscheibe von Parksündern klemmen - etwa wenn die bezahlte Parkzeit überschritten wurde. In vielen Kommunen in Sachsen-Anhalt gilt in den kommenden Tagen der sogenannte Weihnachtsfrieden, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Viele Behörden verzichten in der Zeit kurz vor Weihnachten bis ins neue Jahr hinein darauf, etwa Strafzettel für Verkehrssünder zu verteilen oder Maßnahmen wie Zwangsräumungen durchzuführen. Oftmals sind die Strafen aber nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. 

Ein wirklicher Verzicht auf Verwarngelder ist in Sachsen-Anhalt eher die Ausnahme als die Regel. Unter anderem in Gardelegen, Biederitz, Ballenstedt, Zerbst, Jessen, Elsteraue, Bismark, Sandersdorf-Brehna und Thale wird - teilweise je nach Schwere des Parkverstoßes - komplett auf Knöllchen verzichtet. „Wir wünschen uns, dass die Bürger in unserer Innenstadt einkaufen gehen, besonders jetzt zur Weihnachtszeit – und darum drücken wir ein Auge zu“, sagt Florian Kauer, Leiter des Ordnungsamtes Gardelegen. „Wir werden in dieser Zeit großzügiger sein, sofern keine Ausfahrt versperrt oder die Straßenreinigung behindert wird.“ 

Wegen Einzelhandel: Städte verzichten teilweise auf Parkgebühren

In Gardelegen gelte das aber nur, wenn die Parkzeit bis zu 30 Minuten überschritten wird. Liegt gar keine Parkscheibe hinter der Windschutzscheibe, gebe es weiterhin ein Verwarngeld. Auch andere Kommunen wie Gommern und Weißenfels teilten mit, je nach Schwere des Vergehens zu entscheiden und auf Augenmaß zu setzen. Gleiches gelte für Behindertenparkplätze oder Feuerwehrzufahrten, wo Verstöße selbstverständlich weiterhin geahndet würden, teilte die Verwaltung aus Bismark in der Altmark mit. 

In Osterburg (Altmark) beginnt nach Angaben der Stadtverwaltung mit dem Weihnachtsmarkt auch die Zeit des gebührenfreien Parkens auf ansonsten kostenpflichtigen Parkplätzen. Auch in der Landeshauptstadt Magdeburg sei das Parken an den Adventssamstagen in der Innenstadt zeitweise kostenlos. Dadurch soll nach Angaben der Stadt der Einzelhandel unterstützt werden.

Verwaltungen nicht besetzt, Schutz vor Silvesterschäden 

Hintergrund dafür ist aber nicht nur ein Entgegenkommen der Verwaltungen. Viele Mitarbeiter in den Behörden haben über die Feiertage frei. Und in zahlreichen Kommunen werden über den Jahreswechsel Parkautomaten abgehängt oder es wird ein Schutz vor Feuerwerksschäden angebracht. 

Deutlich häufiger als ein kompletter Verzicht auf Verwarngelder ist ein Aufschub von Zahlungsmaßnahmen oder der zeitweise Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen wie Zwangsräumungen. So teilten unter anderem die Landkreisverwaltungen von Wittenberg, dem Harz, Mansfeld-Südharz, Salzwedel und dem Landkreis Börde mit, dass unter anderem auf Vollstreckungsmaßnahmen wie Zwangsräumungen oder Wohnungsöffnungen verzichtet werde. Es würden auch keine Mahn- oder Bußgeldbescheide verwendet, sagte ein Sprecher des Landkreises Börde. Dies werde nach dem Ablauf des „Weihnachtsfriedens“ nachgeholt. Man versuche, auf „belastende Maßnahmen“ zu verzichten. 

„Geldbeutel sollen in der Vorweihnachtszeit geschont werden“

In Hettstedt werde seit dem 6. Dezember auf das Verschicken von Verwarn- und Bußgeldbescheiden verzichtet, sagte Ordnungsamtsleiter Philipp Kleinpeter. Damit sollen die Geldbeutel der Betroffenen in der Vorweihnachtszeit geschont werden. Die Feiertagsstimmung solle nicht durch die „unschöne Post“ getrübt werden. Aber Januar würden dann die Bescheide aber wieder verschickt. 

Die Zeit des „Weihnachtsfriedens“ beginnt dabei sehr unterschiedlich in den Kommunen. Während einige Orte bereits Anfang Dezember mit mehr Augenmaß vorgehen, wird in anderen Städten erst knapp vor den Weihnachtstagen bis zum neuen Jahr ein Auge zugedrückt. In der Regel gehen die meisten Kommunen ab dem 7. Januar wieder zum regulären Betrieb über. Und längst nicht alle Verwaltungen in Sachsen-Anhalt haben einen „Weihnachtsfrieden“ offiziell ausgerufen.