Hundeherberge Hundeherberge: «Tieroase» in der Südeifel
Halle/MZ. - Die Hunde kommen aus Versuchslaboren oder aus Meutehaltung: "Hierher kommen alle, um zu sterben", sagt Bassi.
Wer das abgelegene Anwesen auf einem großen Wald-Grundstück aufsucht, hat nicht unbedingt den Eindruck, auf einen Gnadenhof zu fahren. Sobald man auf die kiesige Einfahrt fährt, stürmt von zwei Seiten ein Dutzend aufgeregter, laut bellender Jagdhunde auf den Besucher zu. Den ersten Schrecken muss man überwinden, bevor Inge Bassi ihre lebhafte Meute beruhigt hat und den Gast ins Haus bittet.
130 Quadratmeter hat das obere Stockwerk des Hauses. Gästezimmer, Bad und Küche sind tabu für die Hunde, ansonsten machen sie sich überall breit. Geschlafen wird gemeinsam im Schlafzimmer; die Hunde schlafen zu Füßen von Alphatier Inge Bassi. Das Fressen bekommen die Hunde in getrennten Boxen im Keller, jeder seinen eigenen Mix. 600 Euro kostet das Spezialfutter im Monat, Billigfutter verursache Durchfall und Leberschäden, sagt Inge Bassi. 4 000 Euro zahlt sie im Jahr an die Tierklinik Birkenfeld, die monatlichen 160 Euro für Medikamente nicht eingerechnet. "Tieroase am Regenbogen" heißt der Verein, der neben Inge Bassis "Eifelmeute" noch einen Gnadenhof in Brandenburg betreibt. Finanziert wird die ehrenamtliche Tätigkeit über 2 000 Euro jährliche Spenden, 120 Euro monatliche Patenschaften und Inge Bassis Frührente. 2005 zog die 46-Jährige vom schwäbischen Trossingen in das Haus in Oberpierscheid. Damals hatte sie bereits sieben Hunde in ihrer Obhut.
Die Hunde bekam Bassi über verschiedene Kontakte vermittelt: Laborhunde aus Universitäten und Industrie, Meutehunde aus Spanien und Frankreich. Ihre Eifelmeute besteht aus Französischen Laufhunden und Windhunden, die als besonders geeignet für Tierversuche gelten, weil sie nicht aggressiv sind. Bassi hat sich im Laufe der Jahre spezialisiert auf die Resozialisierung von Hunden dieser Rasse. Seit 2008 arbeitet sie mit der Hundeschule "Dog Love" im nordrhein-westfälischen Viersen zusammen und lässt Hundetrainer in Ausbildung an ihren Schützlingen den Umgang mit Meutehunden üben.
Mit sogenannten Tiersammlern will Bassi nicht in einen Topf geworfen werden. Das Phänomen des "Animal Hording" ist ihr jedoch bekannt: Es bezeichnet eine psychische Krankheit, bei der Menschen eine große Anzahl von Tieren "sammeln" und davon überzeugt sind, dass die Kreaturen nur bei ihnen glücklich sein können. "Das Furchtbarste überhaupt", meint Bassi dazu. "Auch ich würde gerne die ganze Welt retten." Aber sie wisse, dass das nicht geht.
Den Kampf gegen Tierversuche kann Inge Bassi nur auf ihre stille Art führen. Die lauteren Töne müssen andere anschlagen, wie beispielsweise der Tierschutzbund, dem in Deutschland 700 unabhängige Vereine angeschlossen sind. "Die Befürworter der Tierversuche waren uns Laien argumentativ immer voraus", gesteht Andreas Lindig, Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Landesverbandes. Deshalb gründete der Tierschutzbund vor 20 Jahren eine Tierschutzakademie bei München, in der Biologen Alternativen zur Tierversuchsmedizin entwickeln. Solange, bis die Tierschutzakademie Erfolg hat, wird Inge Bassi ihre Arbeit fortführen. Auch wenn sie sich nie daran gewöhnen wird, einen Hund loszulassen. "Die letzten Wochen sind immer ganz schwer", sagt sie. Da helfe nur der Gedanke, dass ihre Schützlinge nach einem grausamen Leben "jetzt noch eine schöne Zeit hier verbringen konnten."