«Horror im Express» «Horror im Express»: Wieder schweres Zugunglück in England

London/dpa. - Ein schweres Zugunglück in England istmöglicherweise durch einen Selbstmörder ausgelöst worden. SechsMenschen starben und 150 wurden verletzt, als ein Express-Zug amSamstagabend auf einem beschrankten Bahnübergang westlich von Londonmit einem Auto zusammenstieß und entgleiste. Am Sonntag erlag einweiterer Passagier in einem Krankenhaus seinen Verletzungen, so dassdie Zahl der Toten auf sieben stieg.
Ein Polizist, der zufällig Augenzeuge des Unglücks war, berichteteam Sonntag, das Auto sei auf die Gleise gefahren, als die Schrankenoch oben gewesen sei. Auch als sich die Schranke geschlossen habe,sei das Auto stehen geblieben. Die Polizei bestätigte, dass sie einenSelbstmord für möglich halte. Sicher sei aber noch nichts.
Der Zusammenprall war so heftig, dass der gesamte Zug entgleiste.Sechs der acht Waggons kippten um, einige wurden nachAugenzeugenberichten «wie Brote» aufgeschlitzt. Die Polizeibezeichnete es als «erstaunlich», dass nicht noch mehr Menschen umsLeben gekommen seien. Königin Elizabeth II. äußerte sich «schockiertund traurig» über das schwerste Zugunglück seit zwei Jahren.
Elf Passagiere wurden schwer verletzt. Unter den Toten waren derAutofahrer und der Fahrer des Zuges. Mehrere eingeklemmte Reisendekonnten erst nach fünf Stunden befreit werden. «Horror im 17.35-Express», titelte der «Independent on Sunday».
Der aus London-Paddington kommende Zug auf dem Weg nach Plymouthwar mit 300 Passagieren, darunter heimkehrenden Fußballfans undEinkäufern aus London, besetzt. Er fuhr mit einer Geschwindigkeit vonetwa 160 Kilometern pro Stunde. Das Unglück ereignete sich beiReading. Jonny Saunders, einer der Passagiere, sagte, plötzlich habeder Zug sehr stark gebremst: «Die Lichter gingen aus, Schreie, Rufen,und es wurde stockdunkel. Dann herrschte für einige Momente einvölliges Chaos im Waggon.»
Passagiere wurden aus dem Fenster geschleudert, überall splitterteGlas, manche wurden unter Tischen begraben. In der anschließendenDunkelheit waren Handys die einzigen Lichtquellen. Es roch nachBenzin. Lisa Briggs (32) sagte hinterher: «Ich glaube nicht, dass ichnach diesem Erlebnis nochmal mit dem Zug fahren kann.»
Der Direktor der Zuginspektion, Alan Sefton, hatte kürzlichgewarnt, dass Bahnübergänge «das größte Risikopotenzial fürKatastrophen auf den Schienen» darstellten. Allein im vergangenenJahr kamen in Großbritannien 18 Menschen durch Unfälle aufBahnübergängen um.
Der Generalsekretär der britischen Bahngewerkschaft, Bob Crow,forderte am Sonntag, die Übergänge an Hochgeschwindigkeitsstreckendurch Tunnel oder Brücken zu ersetzen. Doch der Dachverband derprivatisierten Bahngesellschaften lehnte das mit dem Hinweis ab, esgebe Hunderte solcher Übergänge.
Die britische Bahn gilt als marode und hat eine lange Geschichtetragischer Unfälle. Zuletzt kamen im Mai 2002 sieben Menschen bei derEntgleisung eines Zuges bei London ums Leben. Im Oktober 1999 starben31 Menschen bei einer Zugkollision in London, nachdem ein jungerFahrer ein rotes Signallicht übersehen hatte. In den vergangenenbeiden Jahren gab es jedoch keine größeren Zwischenfälle, was daraufzurückgeführt wird, dass die Sicherheit langsam besser wird.
