Homophobie-Vorwürfe im Internet Homophobie-Vorwürfe im Internet: Westfalen-Blatt empört mit Ratgeber über homosexuelle Hochzeit

Köln - Eine Autorin des Bielefelder Anzeigenblattes „OWL am Sonntag“ soll in einer Kolumne einem hilfesuchenden Familienvater dazu geraten haben, seine Kinder nicht mit auf eine homosexuelle Hochzeit zu nehmen. So zumindest fassen es die erzürnten Twitter-User auf. Ein Foto des Abdrucks der Ausgabe, die ausgerechnet am internationalen Tag der Homosexualität erschien, sorgt nun für große Diskussionen auf den Sozialen Plattformen.
Aber worum geht es genau? Ein 43-jähriger Familienvater steht vor einer für ihn schweren Entscheidung: Sollte er seine beiden Töchter (acht und sechs) mit zu der bevorstehenden Hochzeit seines homosexuellen Bruders nehmen? Dieser möchte nämlich, das seine beiden Nichten Blümchen bei der Feier streuen. Mit seinen Bedenken wendet sich der besorgte Vater an Barbara Eggert, Zeitungsredakteurin des Westfalen-Blattes. Bei der Zeitung aus Bielefeld erscheint im Anzeigenblatt „OWL am Sonntag“ wöchentlich die Rubrik „Guter Rat am Sonntag“, in der Leser-Fragen zu verschiedenen Themen beantwortet werden. Twitter-User „@panne_t“ hat die Ausgabe vom 17. Mai zum Rubrik-Thema „Töchter schützen“ fotografiert und gepostet.
Die Antwort der Autorin kann nun die empörte Twitter-Gemeinde mitlesen: „Ich gebe Ihnen Recht, Ihre Töchter würden durcheinander gebracht und können die Situation Erwachsener nicht richtig Einschätzen.“ Und wenn dieser Satz noch nicht für Aufregung gesorgt hätte, dann spätestens dieser: „Sagen Sie Ihrem Bruder, dass Ihre Kinder an der Feier nicht teilnehmen, weil Sie nicht möchten, dass die Kinder verwirrt werden."
Für Ihren Ratschlag gibt es für die Journalistin keine Zustimmung auf Twitter. Dafür aber eine rasant wachsende Flut an negativen Kommentaren. Viele User zeigen sich sauer oder sarkastisch. „Die Frau hat doch nicht alle Latten am Zaun“, schreibt etwa „@Hirn_Sieb“. „Verantwortungsvolle Eltern halten Kinder von Tageszeitungskolumnen fern, damit sie nicht verwirrt werden“, twittert „@wirklichewelt“. Auch die Facebook-Seite des Westfalen-Blattes ist nicht sicher. Hier postet ein User unter einem Mannschaftsbild von Armenia Bielefeld: „Cool... und sicher alles Heteros (alles andere wäre für Leser des Westfalenblattes auch verwirrend...).“
Der selbe User, der bereits den Artikel gepostet hat, veröffentlichte per Twitter eine PDF-Version des Beitrages. Hier klingt die Antwort der Journalistin differenzierter und freundlicher, wenn es heißt: „Andere Kinder mögen vielleicht liberaler aufgewachsen sein, Ihre Töchter sind anders erzogen. Sagen Sie Ihrem Bruder ehrlich, wie Sie denken (...). Ihre Töchter werden sich noch früh genug mit dem Thema Sexualität befassen.“
Inzwischen gibt es eine offizielle Stellungnahme auf westfalen-blatt.de. Hier distanziert sich das Unternehmen von Vorwürfen der Homophobie und entschuldigt sich für redaktionelle Fehlleistungen. Auch die Autorin Barbara Eggert kommt persönlich zu Wort und erklärt unter anderem: „Ich habe ihm geschrieben, dass seine Kinder vielleicht nicht liberal genug erzogen wurden und ihm geraten, ein offenes Gespräch mit seinem Bruder zu suchen, um seinen Standpunkt zu erklären. Ich bin der Meinung, dass man alle Menschen ernst nehmen und respektieren muss, auch die, und gerade die, die anders denken als man selbst, alles andere würde mir intolerant erscheinen.“