Hintergrund zu Germanwings Hintergrund zu Germanwings: Billigflieger mit Lufthansa-Maschinen
Köln - Der Absturz des Fluges 4U 9525 trifft Germanwings in einem Moment großer wirtschaftlicher Dynamik. Am 15. August 2002 beginnt die Geschichte des Unternehmens – ein besonderes Datum für den Flughafen Köln/Bonn. Der Aufsichtsrat der Fluggesellschaft Eurowings segnet die Pläne ab, die neue Billigairline Germanwings zu gründen und den Flughafen in der Wahner Heide zum zentralen Standort zu machen. Von Anfang an dabei: die Lufthansa, die deutsche Premiumfluggesellschaft, die sich der neuen Konkurrenten aus dem Billigflugsegment – allen voran die irische Ryanair und die britische Easyjet – erwehren muss.
Für den Flughafen Köln/Bonn markiert die Aufnahme der ersten Linienverbindung am 27. Oktober des selben Jahres den Beginn einer Erfolgsgeschichte. Flogen zuvor dann und wann Jets deutsche und europäische Ziele an, wächst die Zahl der Passagiere rasant und verdoppelt sich in wenigen Jahren – vor allem dank Germanwings.
Die neue Gesellschaft macht das Fliegen „ohne Schnickschnack“ in Deutschland endgültig salonfähig. Schnelle Buchung im Internet, günstige Preise fürs Fliegen und die freie Entscheidung, welche zu bezahlende Annehmlichkeit in Anspruch genommen werden soll – all das entspricht dem Zeitgeist.
Sicherheit und Zuverlässigkeit
Anders als mancher Konkurrent setzt das Management in den ersten Jahren nicht auf das Konzept „Wachstum um jeden Preis“. Aber am Flughafen Köln/Bonn ist Germanwings bald trotz des Wettbewerbs mit Air Berlin die Nummer eins. Die Low-Cost-Linie profitiert dabei vom Image des Anteilseigners Lufthansa, der für Sicherheit und Zuverlässigkeit steht.
Aus der Nähe wird ein Mutter-Tochter-Verhältnis: Zum 1. Januar 2009 übernimmt die Lufthansa die Billigfluggesellschaft komplett und gliedert sie in ihren Konzern ein. Die Lufthansa braucht Germanwings. Denn der Mutterkonzern gerät zunehmend unter Druck. Einerseits expandieren die europäischen Billigfluggesellschaften Ryanair und Easyjet permanent, andererseits muss Lufthansa mit den durch staatliche Petro-Dollars gemästeten arabischen Fluggesellschaften wie Emirates und Etihad mithalten. Das Management beschließt 2012, das defizitäre Europageschäft der Tochter zu übertragen. Nur in die Drehkreuze Frankfurt und München wird Lufthansa die Passagiere selbst transportieren, alle anderen Verbindungen übernimmt Germanwings.
Der Billigflieger braucht dafür Maschinen, die aus der Lufthansa-Flotte kommen. Aus Germanwings wird binnen Jahresfrist eine der größten europäischen Fluggesellschaften, für die mehr als 80 Flugzeuge unterwegs sind. Branchenweit gilt das Angebot, unter drei Produkten (Best, Smart, Basic) auswählen zu können, als geschickter Schachzug. 2014 waren bei Germanwings etwas mehr als 2000 Mitarbeiter beschäftigt. Mehr als 1600 gehören zum fliegenden Personal.