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Hintergrund Hintergrund: Mehr Alkohol, mehr Aggressionen

28.07.2010, 18:06

BERLIN/MZ. - Herr Thomasius, Ecstasy ist aus der Mode gekommen, und es wird viel mehr Alkohol getrunken. Was ist gefährlicher?

Thomasius: Bei Ecstasy überwiegen die Langzeitschäden vor allem im Bereich des Gedächtnisses. In der akuten Wirkung dieser Droge kommt es selten zu Krampfanfällen, sehr selten treten Herzversagen oder Hirnblutungen auf. Beim Alkohol stehen akute Folgen im Vordergrund, die dazu führen, dass die Jugendlichen sich riskanter verhalten. So reagieren Jungen oder junge Männer aggressiver in Konflikten. Mädchen lassen sich unter Alkoholeinfluss leichter zu sexuellen Handlungen hinreißen.

Ist es möglich, dass die schrecklichen Vorgänge bei der Loveparade in Duisburg auch mit Alkoholkonsum zu tun haben?

Thomasius: Es ist schwer, das theoretisch zu beantworten. Grundsätzlich kann man sagen, dass Alkohol eine Nachlässigkeit in der Einschätzung des eigenen Handelns bewirkt. Es kann perspektivisch nicht mehr klar beurteilt werden, welche Folgen dieser oder jener Schritt hat.

Wenn man manche Kreislaufversagen beobachtet: Haben die frühen Raver nicht Ecstasy genommen, um lange fit zu sein?

Thomasius: In Bezug auf die Kreislaufzusammenbrüche brauchen Sie keinen Gegensatz zu den Partydrogen aufzubauen. Auch Ecstasy unterdrückt das Durstgefühl, weshalb die Helfer in Berlin es mit vielen dehydrierten Jugendlichen zu tun hatten. Alkohol, obwohl flüssig aufgenommen, entzieht dem Körper Flüssigkeit. Dieser Wassermangel kann bis zur Ohnmacht führen.

Wären Sie für ein Alkoholverbot für Fan-Meilen, Technopartys und Karnevalsumzüge?

Thomasius: Nein. Verbote sind nur so lange sinnvoll, wie sich ihre Umsetzung auch kontrollieren lässt. Damit meine ich zum Beispiel die gesetzlichen Regeln des Verkaufs. Die Kontrolle ließe sich bei einer solchen Großveranstaltung nicht durchsetzen. Die Gesellschaft insgesamt sollte sich der Gefahren durch Alkohol stärker bewusst werden. Ich wünsche mir eine stärkere allgemeine Suchtprävention. Es geht ganz einfach um den Gedanken, dass man auch ohne Alkohol und Drogen Spaß haben kann.