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Hessen Hessen: Pilot bei Zeppelin-Unglück ums Leben gekommen

Von Stefan Höhle 13.06.2011, 07:07

Reichelsheim/dapd. - Nach einer fehlgeschlagenen Landung verbrannte er inseinem Gefährt in rund 40 Meter Höhe. Unten auf dem Rollfeld hörtenihn Zeugen zuletzt noch rufen.

«Er konnte das Luftschiff nach unserem ersten Bodenkontakt nichtunten halte»«, berichtet der Bad Homburger Fotograf Joachim Storch,der sich mit den zwei anderen Mitfahrern, einer Frau und einem Mann,in letzter Sekunde aus der Gondel retten konnte.

Das 36 Kilometer nördlich von Frankfurt gelegene Flugfeld beiReichelsheim zählt unter den sieben hessischen Verkehrslandeplätzenzu den größeren. Um 18.00 Uhr am Sonntag waren hier Storch, zweiTV-Leute eines Privatsenders und der - nach ersten Informationen -52-jährige australische Pilot von der Rollbahn abgehoben. Sie flogenvon der Wetterau in den Taunus, um den Hessentag in Oberursel ausder Luft zu fotografieren und zu filmen. »Mike war ein routinierterPilot«, sagt Storch. »Er ist unseren Hinweisen immer minutiös undmühelos gefolgt.«

Pilot: »We had an accident!«

Der Pilot steuerte ein mit zwei 80-PS-Motoren ausgerüstetesPrallluftschiff vom Typ Lightship A60, das anders als ein Zeppelinohne inneres Gerüst auskommt, die Hülle steht unter Druck von nichtbrennbarem Heliumgas. Gegen 20.15 Uhr kehrten die vier von ihremArbeitseinsatz zurück.

Laut Ermittlungsstand von Sonntagnacht zerschellte beim Aufsetzenauf die Rollbahn aus noch ungeklärten Gründen das kleine, einachsigeFahrwerk unter der Gondel. Storch erinnert sich, dass der Pilotseinen Passagieren »We had an accident!« (»Wir hatten einenUnfall!«) zurief und dann noch: »I crashed the airship!«

Schlagartig verspürten alle Insassen eine Hitzewelle vom hinterenEnde der Gondel, wo die Motoren sitzen. Durch ein Fenster und eineTür sprangen Storch und das TV-Team aus rund zwei Meter Höhe auf denBoden und blieben unverletzt. Wahrscheinlich war es derGewichtsverlust, vermutet Storch, der das Luftschiff mit der nunbrennenden Gondel in die Höhe schießen ließ. Erst mehrere 100 Meterweiter fiel das flammende Wrack auf eine Wiese des Flugplatzes. »DerPilot ist nicht durch den Absturz selbst ums Leben gekommen«, sagtin der Nacht ein Polizeisprecher auf dem Rollfeld. »Er istverbrannt.«

Überlebende stundenlang befragt

Am Unglückssonntag eine Stunde vor Mitternacht sitzt FotografStorch mit dem Rücken an der Wand auf dem Boden eines grellerleuchteten Zimmers in dem kleinen Reichelsheimer Flughafengebäude.Wie die beiden anderen Überlebenden auch ist er in eine blaue Deckegehüllt, noch tut ihm das Reden gut. Die Befragung durch Kripobeamtewird nach der Pause weitergehen, eine evangelischeNotfallseelsorgerin und ihr katholischer Kollege können Beistandleisten. »Sprechen ist erst mal wichtig«, sagt die Pfarrerin. »Aberwenn die Vernehmung beendet ist, wird er wohl eher schweigenwollen.«

Um Mitternacht steht Storch den Beamten, darunter auch einExperte der Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung,noch immer Rede und Antwort. Zur gleichen Zeit heben Feuerwehrleuteweit draußen auf dem Flugplatz die Überreste des Piloten von derfeuchten Wiese in einen Sarg. Noch haben die Beteiligten keinendgültiges Bild vom Ablauf des Unglücks. Dass sich landendePrallluftschiffe bei plötzlichem Gewichtsverlust oft nicht mehr amBoden halten können, ist hier in Reichelsheim den Experten bekannt.Pilot Mike hatte größte Flugerfahrung und zögerte keine Sekunde,seine Passagiere zum Sprung in die Tiefe zu veranlassen.