Hauptstadt Hauptstadt: Acht Menschen sterben bei Wohnhausbrand in Berlin Moabit

Berlin/dpa. - Nach Bergung der Opfer brach Streit darüber aus, ob mangelnde deutsche Sprachkenntnisse der ausländischen Bewohner zu der hohen Zahl der Opfer beitrugen.
Der Berliner Feuerwehrchef Albrecht Broemme sagte, einige hättendie Anweisungen der Feuerwehr nicht verstanden. Mehrere ausländischeAnwohner, darunter Araber und Polen, wiesen dies zurück. Die Hilfesei zudem zu spät gekommen und es habe zu wenige Anweisungen durchdie Feuerwehr gegeben, sagten die Betroffenen.
Der Berliner Erziehungswissenschaftler Gerd Hoff wies in einemdpa-Gespräch die Erklärung der Feuerwehr zurück. Die hohe Opferzahlbei der Brandkatastrophe hätte wohl auch bei besserenDeutschkenntnissen der ausländischen Hausbewohner nicht verhindertwerden können. «Menschen, die in Angst- und Paniksituationen handeln,können nur in ihrer Muttersprache kommunizieren», sagte der Experte.
Fünf der acht Todesopfer sind inzwischen identifiziert. Vier vonihnen gehörten laut Staatsanwaltschaft einer polnischstämmigenFamilie an. Aus der Familie kamen ein Siebenjähriger, seine älterenSchwestern (11 und 17) und der 35-jährige Vater ums Leben. Das fünfteOpfer ist ein aus dem Kosovo stammender Mann (27). Mit hoherWahrscheinlichkeit starben auch seine Frau (25) und seine Kinder (2und 5). Ihre Identität muss noch endgültig geklärt werden.
Die Ermittler gingen von vorsätzlicher Brandstiftung aus, sagtePolizeivizepräsident Gerd Neubeck. Die Staatsanwaltschaft leiteteErmittlungen gegen Unbekannt wegen schwerer Brandstiftung ein.Zugleich schloss Innensenator Ehrhart Körting (SPD) einenausländerfeindlichen Hintergrund aus. Berlins RegierenderBürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und der Bezirksbürgermeister vonMitte, Joachim Zeller (CDU), bekundeten den Hinterbliebenen ihrtiefes Mitgefühl.
Die Feuerwehr war mit 8 Staffeln und 150 Einsatzkräften vor Ort.Nach ihren Angaben waren die Flammen nach 20 Minuten gelöscht. DieFeuerwehr wies Kritik zurück, die Einsatzkräfte seien zu spätgekommen. Um 23.07 Uhr sei die erste Brandmeldung via Handyeingetroffen. Fünf Minuten später seien die ersten Feuerwehrleute vorOrt gewesen, sagte Broemme.
Nach Angaben des Feuerwehrchefs hatten seine Kollegen keineChance, ihre Anweisungen verständlich zu machen. Die Einsatzkräftehätten die Bewohner aufgefordert, in ihren Wohnungen zu bleiben unddas Eintreffen der Feuerwehrleute an ihrer Wohnungstür abzuwarten.Sie hätten per Megaphon davor gewarnt, aus den Wohnungen in dasbrennende Treppenhaus aus Holz zu laufen, das wie ein Kamin brannte.
Dennoch hätten zwei Familien versucht, über das brennendeTreppenhaus ins Freie zu gelangen. Die Flucht in das Treppenhaus, wosich Temperaturen bis zu 800 Grad entwickelten und giftige Gase undDämpfe waberten, habe geradewegs ins Verderben und den Tod geführt.Künftig sollten ausländische Gemeinden in der Hauptstadt noch besserverstärkt über den Brandschutz informiert werden.
Der Berliner Psychologe Wilfried Vogelbusch wies darauf hin,grundsätzlich seien Menschen auch in Panikzuständen durchAnsprache erreichbar. Helfer müssten aber damit rechnen, dass auchErwachsene wie Kinder reagieren und das Gehirn praktischausgeschaltet ist.
Nach Angaben der Polizei wurden 15 Menschen schwer verletzt. Zweivon ihnen schwebten noch in Lebensgefahr. Zehn weitere Bewohnererlitten leichtere Verletzungen.
Eine Zündelei im Treppenhaus des sanierten Mietshauses könnte diemögliche Ursache des Unglücks sein. Ermittler entdeckten im Hausflurim Erdgeschoss mehrere verkohlte Kinderwagen. Vermutlich seien diesein Brand gesetzt worden, hieß es.
