Hanfmesse "Mary Jane" Hanfmesse "Mary Jane": Ein bisschen Gras muss sein

Berlin - Seit Wochen hängen sie überall in Berlin, die Plakate mit den markanten grünen Blättern. Sie werben für die „Mary Jane Berlin“, Deutschlands größte Hanfmesse, die vom 27. bis 29. Mai 2016 im Berliner Postbahnhof stattfindet: eine Messe mit über 100 Ausstellern rund um eine hoch umstrittene Pflanze.
Stets ist sie für eine Schlagzeile gut, wenn die Polizei wieder eine versteckte Plantage ausgehoben hat, weil Anwohner einen merkwürdigen Geruch bemerkten. Cannabis, so der lateinische Name für die Hanfpflanze, darf in Deutschland nicht angebaut werden. Denn die harzigen Blüten der weiblichen Pflanze enthalten den Stoff Tetrahydrocannabinol (THC), der eine berauschende Wirkung hat – Grundlage der Droge Marihuana oder umgangssprachlich „Gras“ genannt.
Schon mit ihrem Namen beflügelt die Berliner Messe die Assoziation mit der illegalen Substanz: „Mary Jane“ bedeutet nichts anderes als Marihuana. Der Veranstalter und Geschäftsführer der gleichnamigen Eventagentur sagt jedoch, die Messe lege darauf nicht ihren Fokus.
„Hanf ist nicht nur zum Kiffen da“
Duc Anh Dang ist 26 Jahre alt, Berliner und ein recht entspannter Typ. „Die Hanfpflanze ist nicht als solche verboten; Nutzhanf ist legal in Deutschland“, sagt er. Er werde als Dämmstoff genutzt und beispielsweise in Autos verbaut. In jedem Bioladen bekomme man Hanföl, Samen oder Tee. „Wir wollen den Leuten zeigen, dass Hanf nicht nur zum Kiffen da ist.“
Tatsächlich tut man der Pflanze unrecht, wenn man sie auf eine Spaßdroge reduziert. Denn Cannabis spielt auch in der Medizin eine Rolle. In den USA ist es bereits seit Jahren in vielen Bundesstaaten für medizinische Zwecke erhältlich.
Und gerade bewegt sich auch etwas in Deutschland. Anfang Mai hat das Bundeskabinett einen Entwurf zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes beschlossen. Ab 2017 können Patienten Cannabis mit ärztlichem Rezept bekommen. Cannabis-Plantagen wird es dann nicht mehr nur in alten Lagerhallen, sondern ganz legal geben. Ein staatlich kontrollierter Anbau für medizinische Zwecke, um Symptome schwer kranker Menschen zu lindern, wie chronische Schmerzen oder Krämpfe.
Bisher mussten Patienten dafür eine Ausnahmegenehmigung beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beantragen; rund 650 besitzen eine solche Erlaubnis derzeit. Sie bekommen ihren Stoff in der Apotheke – bezahlen mussten sie ihn aber immer selbst. Und die Preise sind hoch, denn medizinisches Cannabis wird noch ausschließlich aus Holland importiert, für etwa 18 Euro das Gramm.
Kosten für medizinisches Hanf sehr hoch
Die monatlichen Behandlungskosten pro Patient liegen nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums bei durchschnittlich 540 Euro, mit besonders hohem Bedarf bei bis zu 1800 Euro. Kosten, die nicht jeder tragen kann. In Einzelfällen hat das Bundesverwaltungsgericht daher auch schon den privaten Anbau zu Therapiezwecken erlaubt.
Mit dem Anfang Mai beschlossenen Gesetzentwurf kann jeder Arzt in Zukunft Cannabis zur Therapiezwecken verschreiben; die Patienten bekommen die Kosten von den Krankenkassen erstattet, wenn sie dafür einer begleitenden Forschung teilnehmen. Damit werden sich auch die Aufgaben des BfArM grundlegend verändert, teilte Sprecher Maik Pommer mit. Es werde dann beispielsweise Ausschreibungen für den Anbau von Cannabis übernehmen.
Eine eigens unter seinem Dach geschaffene Cannabisagentur wird den Vertrieb regeln. Der Konsum zum privaten Vergnügen, ebenso wie der Besitz und private Anbau bleiben aber illegal. „Das Gesetz ändert nichts an der Haltung der Bundesregierung zur Freigabe von Cannabis“, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert bei Verkündung des Gesetzentwurfes.
Gesetztesänderung zur Legalisierung geht vielen nicht weit genug
Befürwortern der umfassenden Legalisierung von Cannabis geht die Gesetzesänderung nicht weit genug. Sie fordern die Freigabe für den Freizeitrausch, wie er auch in Holland erlaubt ist. Zu ihnen zählt auch Duc Anh Dang. Mit Hanföl hat er erfolgreich seine Allergie gekämpft. Er stehe voll und ganz hinter der Pflanze und sämtlichen ihrer Nutzungsformen.
Die Messe solle einen Beitrag dazu leisten, ihr Image ins rechte Licht zu stellen. „Die ganze Illegalisierung von Cannabis ist paradox“, sagt er. „Ich sehe keinen Sinn, weshalb man die Nutzung kriminalisieren sollte.“ Natürlich sollten Jugendliche keinen Zugang zu dem Rauschmittel haben, schiebt er hinterher. Doch das Hauptproblem bestehe darin, dass keine Aufklärung betrieben werde. Würde Cannabis vollständig legalisiert, könnte man nach seiner Ansicht die Steuereinnahmen aus dem Verkauf dazu nutzen, Jugendliche besser über Risiken des Kiffens aufzuklären.
Seine Hanfmesse „Mary Jane“ will Dang aber nicht als ausschließlich politische Veranstaltung verstanden wissen. Um für die Legalisierung zu kämpfen, gebe es schließlich die Hanfparade, die auch in diesem Jahr im August wieder in Berlin stattfindet. Aber eine Cannabis-Messe kann es natürlich nicht geben ohne Vorträge von Befürwortern der Legalisierung, wie dem Jugendrichter Andreas Müller.
Und auch wenn Dang sehr bedacht ist, diesen Ruf zu zerstreuen – der Besuch der Messe ist erst ab 18 Jahren gestattet und Beiträge auf der Mary-Jane-Facebookseite schlagen mit einem Augenzwinkern „kleine Raucherpausen“ im Außenbereich vor. Was damit gemeint ist, dürfte klar sein. Darauf angesprochen, ob er sich Sorgen mache, dass die Besucher der Messe ihren Stoff mitbringen, zuckt Duc Anh Dang lächelnd die Schultern: „Das hier ist Berlin, da muss man sich nicht wirklich wegen ein bisschen Gras Sorgen machen.“