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Hamburg Hamburg: Domina mit Intelligenzfetisch

Von Jenny Tobien 28.08.2009, 06:58
Domina Melissa posiert in Hamburg in ihrem Studio. (FOTO: DPA)
Domina Melissa posiert in Hamburg in ihrem Studio. (FOTO: DPA) dpa

HAMBURG/DPA. - Doch Melissa hat noch andereSpezialgebiete: Die 36-Jährige ist Physikerin undüberdurchschnittlich intelligent. Ihre Diplomarbeit verfasste sie zumThema Laserkühlung, seit mehreren Jahren ist sie Mitglied bei Mensa,dem Verein für Hochbegabte. «Eigentlich war der Plan, mich im Laborzu verbuddeln und mit Lasern zu spielen. Dann habe ich aber dochmeine größte Leidenschaft zum Beruf gemacht.»

Statt im Labor spielt Melissa, die in Wirklichkeit einen anderenNamen hat, jetzt lieber in ihrem Hamburger Studio: Entweder bei kalt-glitzerndem Licht im eisgrauen «Kabinett» zwischen Leder, Gummi undMetall inklusive Stahlkäfig mit Prangertür. Oder im «Roten Salon»,der Fesselbett, Andreaskreuz und Streckbank beherbergt. Bis zu dreiGäste bedient sie am Tag, eine «Session» dauert etwa eine Stunde undkostet 200 bis 300 Euro. «Meine Arbeitszeiten sind bodenständig.Fünftagewoche - die Abende und Wochenenden halte ich mir frei.»

Aber auch Melissas Privatleben mag für manche außergewöhnlichklingen. «Ich bin polyamor und lebe in verbindlichenMehrfachbeziehungen», erklärt sie mit ihrer sanften Stimme. Zudemsammelt sie exotische Insekten, darunter auch ihr Lieblingstier, dieAustralische Gespenstschrecke. «Die gehört zu der Gruppe der"Phasmiden", so wie die Wandelnden Blätter und die Stabschrecken.Sehr faszinierende Tiere.» Zum Thema Phasmiden hat die Hobby-Wissenschaftlerin auch gerade einen Vortrag erarbeitet, den sie voranderen Mensa-Mitgliedern hält.

Zu dem Club der Hochintelligenten kam sie über einen ihrerPartner, mit dem sie eine Wohnung teilt und der ebenfalls Mensanerist. Beim Intelligenztest erreichte Melissa auf Anhieb dieerforderlichen 130 Punkte und ist seitdem dabei. Weltweit zählt der1946 gegründete Verein mehr als 100 000 Mitglieder. In Deutschlandsind es etwa 7500, etwa ein Drittel davon ist weiblich.

Sie schätze den geistigen Austausch mit anderen Mensanern, sagtMelissa. «Mit ihnen kann ich reden, wie ich denke.» Sonst müsse sieihre mitunter sprunghaften Gedanken manchmal erst sortieren. IhreIntelligenz komme ihr auch im Studio zu Gute. «Sie beflügelt meineKreativität, und ich kann mich gut in die Wünsche und Fantasienmeiner Gäste hineinversetzen.»

Wie aber sehen sie aus, die typischen Kunden? «Da gibt es keinenspeziellen Typ. Schon das Alter variiert von Anfang 20 bis 80.»Manche Männer werden von ihren Partnerinnen begleitet. Ganz selten,etwa einmal im Jahr, verirrten sich auch einzelne Frauen ins Studio.«Die werden natürlich auch bedient.»

Der größte Teil der Besucher sind Stammgäste. Verliebt habe siesich bislang in keinen der Männer. «Manchen Kolleginnen ist das schonpassiert. Ich kann mir das aber kaum vorstellen. Auch wenn ich Spaßbei der Sache habe, grenze ich mich doch eindeutig ab.» Und welcheVoraussetzung braucht es, um eine gute Domina zu sein? «Empathie,Zuverlässigkeit, Professionalität, aber natürlich auch Kreativitätund ein gewisses schauspielerisches Talent.»

Die Leidenschaft für den Job wurde bereits in der Jugend geweckt.Melissa wuchs in Süddeutschland bei ihren Großeltern auf. Als 14-Jährige verschlang sie voller Neugier und Begeisterung Romane überKonkubinen. Anfang 20 fand sie Zugang zur privaten S/M-Szene. Nachdem Studium, das sie unter anderem als Stripperin finanzierte, begannsie selbstständig in einem Studio als Domina zu arbeiten. Ein Jahrspäter ging die Betreiberin in den Ruhestand, und Melissa übernahmdie Leitung.

Auch privat bewegt sich die 36-Jährige viel unter Gleichgesinnten.Sogar bei Mensa traf sie mehrere Sadomasochisten, die in einer«Special-Interest-Gruppe» vereint sind. «Neulich habe ich die alle inmein Studio eingeladen. Das war eine lustige Party. Meine Putzfrauund ich haben nach dem Wochenende stundenlang aufgeräumt.»

Wie lange sie ihre Arbeit noch nachgehen wird, weiß Melissa nicht.«Einige Frauen sind noch mit Ende 60 aktiv, andere ziehen sich früherzurück und lernen jüngere Kolleginnen an.» Neulich traf sie einenPhysiklehrer, der wollte sie überreden, in den Schuldienst zuwechseln. «Das ist aber nichts für mich. Jetzt zumindest nicht.»