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Gespräch Gespräch: Psychologe: Es gibt keinen Trost für die Eltern

07.04.2003, 13:03

Mainz/dpa. - Für Eltern von ermordeten Kindern gibt es nach Ansicht der Opferhilfe «Weißer Ring» keinen Trost. «Die eigenen Kinder durch Gewaltverbrechen zu verlieren, ist das Grauenvollste, was Eltern passieren kann», sagte der Psychologe Christian Lüdke am Montag in einem dpa-Gespräch. Der Verlust verletzte zwei Lebensgesetze: Das Kind stirbt vor den Eltern und nicht eines natürlichen Todes.

«Gewaltverbrechen, die häufig von Menschen aus dem näheren Umfeld begangen werden, sind unbegreiflich und daher niemals zu überwinden», sagte Lüdke. Sie hinterlassen bei den Eltern ein lebenslanges Trauma. «Wenn das eigene Kind durch Krankheit oder bei einem Unfall stirbt, können sich Eltern damit noch leichter abfinden», sagte der Kriminalpsychologe. Andere Kinder könnten Eltern ein wenig über den Verlust hinweg trösten. «Umso schlimmer ist es in dem Fall von Sonja und Tom, wenn sich die Befürchtungen bewahrheiten.»

Unmittelbar nach der Tat könnten alleine Freunde oder Verwandte den Eltern Beistand leisten. «Da reicht es, wenn die vertrauten Menschen einfach nur da sind und ihre Hilfe anbieten», sagte der Psychologe. Professionelle Hilfe sei zu diesem Zeitpunkt meist nicht sinnvoll. «Die Eltern sind ja nicht krank.» Stattdessen hält Lüdke gerade in den ersten Wochen nach dem Verlust des Kindes Selbsthilfegruppen und Trauerseminare für stabilisierend. Langfristig rät er allerdings von diesen Angeboten ab.

«Bei den Treffen werden die Eltern durch Erzählungen anderer immer wieder an die eigene grausame Geschichte erinnert. Das kann zu Re- Traumatisierungen führen», warnt der Psychologe. Er empfiehlt Eltern, die nach mehreren Monaten noch nicht wieder in den «Alltag» zurückgefunden haben, sich etwa bei Psychologen oder Fachberatungen Hilfe zu holen. «Wie früher wird das Leben allerdings nie wieder für sie werden.» Im schlimmsten Fall führe der gewaltsame Tod eines Kindes bei den Eltern zu dauerhaften Depressionen, chronischen Erkrankungen und dem Zusammenbruch aller sozialer Bindungen.