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Geschichte Geschichte: Schinderhannes war ein einfacher Verbrecher

17.11.2003, 07:00

Mainz/dpa. - Der vor zweihundert Jahren in Mainz hingerichtete «Schinderhannes» (Johannes Bückler) war nach Ansicht des Mainzer Autors Peter Bayerlein ein gewöhnlicher Krimineller: «Hinter den Legenden war er einfach ein Verbrecher», sagte Bayerlein in einem dpa-Gespräch. Der Historiker hat zum Jubiläumsjahr über den Hunsrück- Räuber die «Schinderhannes-Chronik» und das «Schinderhannes- Ortslexikon» verfasst.

Ohne die Prozessunterlagen und die Überlieferungen von der anschließenden Massenhinrichtung wäre der Schinderhannes wohl in Vergessenheit geraten, glaubt Bayerlein. «Er war nicht der Größte und auch nicht der Schrecklichste.»

Die Legenden, die den früheren Abdeckerknecht - Schinder war im Volksmund die Bezeichnung für den Abdecker - zu einem Räuber mit Herz hochstilisieren, sind für Bayerlein frei erfunden: «Mal heißt es, er habe Beute verschenkt, dann soll er eine Tänzerin auf die Burg entführt und sie nach einem Tanz nur für ihn reich belohnt entlassen haben.» Nichts davon sei belegt - anders als die mehr als 100 Straftaten seiner Bande, von der 20 Mitglieder mit ihm aufs Schafott geführt wurden.

Für seine Werke hat Bayerlein die alten Gerichtsunterlagen sowie ein schon 1804 erschienenes Buch über rheinische Räuberbanden ausgewertet. Demnach hat der in Prozessberichten zunächst als tölpelhaft dargestellte Räuber die Berichterstatter im Verlauf des Prozesses auf seine Seite gezogen. «Eine gewisse Faszination ging wohl von ihm aus», sagt der Historiker. Er habe auch mehr zugegeben, als ihm vorgeworfen wurde. Einen eigenhändigen Mord habe der Schinderhannes jedoch stets bestritten. Rund 60 Delikte wurden ihm schließlich angelastet.