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Germanwings-Flug 4U9525 Germanwings-Flug 4U9525: Zweite Blackbox bestätigt Absturzabsicht des Copiloten

Von Stefan Brändle 03.04.2015, 09:29
Dieses Wrackteil dürfte eines der größten sein, die die Bergungskräfte finden konnten.
Dieses Wrackteil dürfte eines der größten sein, die die Bergungskräfte finden konnten. AP Lizenz

Paris - Eine 32-jährige Gendarmin löste das Rätsel um den Absturz des Germanwings-Airbus A320 endgültig auf. Gerade erst am Bergungsort in den französischen Alpen eingetroffen, fand Alice Coldefy den zweiten Flugschreiber unter einem Haufen anderer Trümmer. Die „Blackbox“ war so zerdrückt und angeschwärzt, dass die Hochgebirgspolizistin sie zuerst fast übersehen hätte. Andere Ermittler hatten den 20 Zentimeter tief im ebenfalls aschengrauen Erdreich steckenden Daten-Rekorder zuvor nicht bemerkt.

Kaum einen Tag nach der Entdeckung konnte das Flugermittlungsamt BEA in Paris bereits die Resultate einer „vorläufigen“ Auswertung bekanntgeben. Sie bestätigt die bisherige Annahme, dass der Copilot Andreas L. das Flugzeug mit 150 Menschen an Bord am 24. März absichtlich auf Sinkflug brachte und in das Alpenmassiv steuerte. Die Auswertung der Audio-Datei des ersten Flugschreibers hatte bereits ergeben, dass der Copilot vor dem Unglück allein im Cockpit war und die Rückkehr des Bordkommandanten vermutlich verhinderte, indem er die Tür blockierte.

Selbstmordthese wird bestätigt

Die Suizidthese wird durch den zweiten Flugschreiber nun vollumfänglich gestützt. Laut BEA veränderte L. den vom Autopiloten vorgegebenen Kurs wiederholt, um die Maschine der Lufthansa-Tochter Germanwings bis auf 100 Fuß sinken zu lassen.

Damit war klar, dass sie an den viel höher liegenden Alpenfelsen zerschellen würde. Während des Sinkfluges erhöhte der 27-jährige Copilot offenbar noch mehrfach die Geschwindigkeit – zweifellos, um bei dem Kamikaze-Unterfangen aufs Ganze zu gehen.

Am Absturzort gingen die Bergungsarbeiten weiter. Nach Polizeiangaben wurden von allen 150 Passagieren und Besatzungsmitgliedern – darunter 72 Deutsche – DNA-Proben gefunden. Die mehr als 2 800 sichergestellten Leichenteile werden ab nächster Woche im Labor neben der Leichenhalle in Seyne-les-Alpes mit Erbgutproben von Hinterbliebenen verglichen.

Die Lufthansa hatte den Angehörigen eine erste Soforthilfe von 50.000 Euro pro Opfer versprochen. Nach der zumindest vorläufigen „Klärung“ des Falles dürfte sich die Debatte auf die juristische Ebene verlagern. Für zusätzliche Entschädigungsansprüche wird die Frage wichtig, wie weit die beiden betroffenen Fluggesellschaften über die psychische Befindlichkeit des Copiloten auf dem Laufenden waren. Nach ersten Erkenntnissen war die Lufthansa seit 2009 im Bilde über eine „abgeklungene schwere depressive Episode“. Andreas L. wurde aber danach als flugtauglich eingestuft.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch, wollen eine Arbeitsgruppe einberufen, um weitere Schlussfolgerungen aus der größten Katastrophe der deutschen Luftfahrt zu ziehen. Eine politische Note brachte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ins Spiel, indem er auch für innereuropäische Flüge eine Ausweispflicht für Passagiere anregt. Das würde den freien Personenverkehr im EU-Raum einschränken.

Der französische General David Galtier zeigt eine Aufnahme des zweiten Flugschreibers.
Der französische General David Galtier zeigt eine Aufnahme des zweiten Flugschreibers.
AFP