Gastronomie Gastronomie: Starkoch Eckart Witzigmann wird 65
München/dpa. - Sein Leben war voller Höhen und Tiefen,die er mit großer Willenskraft zu meistern verstand: EckartWitzigmann, einer der besten Köche der Welt, wird an diesem Dienstag65 Jahre alt. Was kocht sich der Spitzenkoch zum Geburtstag? «ZumGlück muss ich nicht selbst kochen», sagt der Meister und lacht. «Ichwerde eingeladen. Ein Wunsch-Menü habe ich nicht, ich lasse michgerne überraschen.»
1941 im österreichischen Ferienort Badgastein geboren, sollte derkleine Eckart Schneider werden wie sein Vater. Doch schon als Jungein kurzen Lederhosen warf er sehnsüchtige Blicke auf den Glanz undLuxus der Reichen und wusste, dass er Koch werden wollte. Glück undDisziplin, bekennt Witzigmann, machten ihn zu dem, der er ist: Große Mentoren wie Paul Bocuse, die Haeberlins, Roger Vergé, die Brüder Troisgros begleiteten seinen Werdegang, doch dieser - allein imAusland lernte er 13 Jahre lang - war voller Entbehrungen und harterArbeit. 1971 begann er als Chefkoch des Münchner Nobellokals«Tantris» gegen die deutsche Koch-Konvention ins Feld zu ziehen.
Anstelle dicker Saucen und massiger Knödel wollte er die NouvelleCuisine, den zart betonten Eigengeschmack guter, frischer Produkte.Es war ein zäher Kampf. Kritik, Enttäuschungen, Reklamationen setztenihm zu, oft war er nahe daran aufzugeben. 1979 kam endlich dieAnerkennung. Witzigmann wechselte ins Münchner Edellokal «Aubergine»und bekam als erster Koch ausserhalb Frankreichs drei Sterne vomfranzösischen «Guide Michelin». «Das war einer der größtenGlücksmomente meines Lebens», bekennt er, denkt kurz nach und fügthinzu: Das größte Glück sei dann doch die Geburt seiner Kindergewesen.
Doch das Familienglück ist nicht von Dauer. Witzigmann kämpft mitprivaten Problemen, die Trennung von Frau und Kindern folgt. 1993wurde er wegen Kokainbesitzes und -konsums angezeigt und zuzweieinhalb Jahren auf Bewährung sowie Verlust der Konzessionverurteilt. Er kämpfte weiter, kochte weiter und das nicht umsonst:1994 bekam er vom Gourmet-Führer «Gault-Millau» den Titel «Koch desJahrhunderts», als vierter auf der ganzen Welt, nach Paul Bocuse,Joel Robuchon und Fredy Girardet. Witzigmann steht nicht still. Erschrieb 26 Kochbücher, begründete den Witzigmann-Preis, startete dasProjekt «Ikarus» in Salzburg, wo die besten Köche der Welt gastierenund setzte sich für bessere Ausbildung ein.
Dieser Tage erscheint ein Buch über ihn - «Hamlet am Herd - dasLeben des Eckart Witzigmann» (Hoffmann und Campe). Jahrelang war erdas Zugpferd des Restauranttheaters «Witzigmann Palazzo», bis er Endevergangenen Jahres gemeinsam mit Roncalli-Erfinder Bernhard Paul einneues Dinnershow-Projekt begründete, den «Witzigmann & RoncalliBajazzo». Es startet im Oktober in Hamburg, Köln, Frankfurt am Mainund München. «Die besondere Note», freut sich Witzigmann, «erhält dasGanze durch meine langjährige Freundschaft zu Bernhard Paul. Wirergänzen uns optimal und wissen genau, was wir aneinander haben - wirzwei Österreicher!»
Was wünscht sich einer zum Geburtstag, der sich den Lebenstraumerfüllt und alle Ehrungen bereits erfahren hat? «Das schönsteGeschenk, das ich je bekommen habe, waren ein Paar Ski, als ich einKind war.» So ein Gefühl lasse sich schwer übertreffen. Jetzt habe erbereits einiges erreicht. Da sei es an der Zeit, mit seinen Wünschenauch an andere zu denken. «So gehört zu meinen größten Wünschen, dassniemand mehr hungern muss. Das mag naiv klingen - aber ich hoffe sehrauf die Erfüllung.»