Für Brot, Leib und Seele
Die Deutschen sind Fachleute für Brot. - sollte man meinen. Angeblich gibt es nirgendwo auf der Welt eine solche Vielfalt dieses Grundnahrungsmittels wie in Deutschland. Rund 300 verschiedene Sorten Schwarz-, Grau- und Weißbrot werden hier Tag für Tag angeboten. Dennoch hatte Gerhild Fischer eines Tages das Gefühl, dass ihr irgendwie alles gleich schmeckte. Sie muss es wissen, denn Gerhild Fischer ist Bäckermeisterin in Rothenburg im Saalekreis. Im Urlaub war es, an der Nordsee. Da sah und aß sie Weltmeisterbrötchen und das Sonnenkernbrot, das sie auch von zu Hause kannte und das sich in nichts von den eigenen Produkten unterschied. "Das kann es nicht sein, dachte ich da", so erzählt sie heute und zog für sich selber den Schluss, wieder zu den Ursprüngen ihres Handwerks zurück zu kehren. Mit ihrem Mann, mit dem sie die kleine Bäckerei seit 1986 betreibt, war sie sich einig - sie wollten es wieder anders machen. Beide Fischers sind vom Fach, haben ihr Handwerk von der Pike auf gelernt. Sie verbrachten ihre Lehrzeit in verschiedenen Bäckereien, sahen sich beide in anderen Handwerksbetrieben um, bevor sie die Backstube der Eltern von Gerhild Fischer in Rothenburg wieder mit Leben erfüllten. Vieles, was sie an Erfahrungen zuvor gesammelt hatten, bewährt sich bis heute. "Unser Mohnkuchenrezept stammt aus Erfurt", lässt die Fachfrau wissen, Streusel- und Speckkuchen backen sie wie die Eltern, Mohrenköpfe und Kirmeskuchen haben sie sich bei anderen Meistern abgeschaut. Zurück zum Brot, das nun wieder anders schmecken sollte, nicht aus Vormischungen hergestellt, sondern zubereitet mit eigener Teigführung, wie es beim Bäcker heißt. Und weil Fischers nicht nur ausgewiesene Fachleute sind, sondern Bäckersfrau Gerhild auch eine zupackende Art hat, war sie für "ganz oder gar nicht", wie sie lachend erzählt. Biobäcker wollten sie sein. Sind sie auch geworden und zwar als eine von nur drei Bäckereien in ganz Sachsen-Anhalt. Angeregt hatte das einer ihrer Lehrlinge. Einfach war die Entscheidung allerdings nicht. "Wir mussten uns schon informieren, was das bedeutet, was wir dafür tun und verändern müssen", erzählt die Bäckermeisterin. Es dauerte ein gutes Jahr vom Entschluss bis zur Umsetzung, doch seit 2006 sind Fischers tatsächlich Biobäcker. Mit einem Produktionstag pro Woche fingen sie an, doch schon im Oktober desselben Jahres buken sie nur noch Biobrot. 18 Sorten und 16 Sorten Brötchen sind es heute. Sie entstehen nach strengen Vorgaben und ausschließlich aus Bio-Mehl. "Der Renner ist unser Roggenvollkornschrotbrot", sagt Gerhild Fischer. Nicht an jedem Tag backen sie alle Sorten, doch drei sind mindestens täglich im Angebot, eher meist fünf bis sechs. Und die gibt es längst nicht nur im Laden, der übrigens bereits ab 5 Uhr morgens die ersten duftenden Brötchen anbietet. Die Bäckerei Fischer beliefert mittlerweile zwölf Abnehmer im nahen Halle, ist bei Märkten und Festen präsent und verschickt knusprig frisches Brot auch über das Internet. Zum Beispiel an einen Kindergarten in Augsburg. Wenn alles gut geht, wird das frische Brot am Nachmittag auf die Reise geschickt und am nächsten Morgen in Bayern aufgeschnitten. Die hohe Nachfrage spricht für die Qualität "Manchmal sind wir schon am Limit", sagt Gerhild Fischer. Fakt ist: Die Nachfrage steigt. Bio-Kunden sind aufgeschlossener für Neues wissen die Bäckersleute aus Erfahrung und glauben, dass das Bewusstsein für eine gesündere Ernährung steigt. So gesehen hatte Gerhild Fischer die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt. Denn auch wenn die Palette von Bio-Backwaren inzwischen immer größer wird - mit Erfahrung und Wissen liegt der kleine Handwerksbetrieb ganz weit vorn. Wie schon seit 27 Jahren, seit seiner Ausbildung, betont Stefan Fischer, wird der Sauerteig für das Brot am Vortag angesetzt. Zwölf bis 16 Stunden muss er gehen. Wie lange genau, das hängt von der Temperatur in der Backstube ab. Die kann der Bäcker längst technisch beeinflussen, wie auch manch andere Hilfe zur Verfügung steht. Anderes aber ist so, wie es immer war. Zum Beispiel, dass der Arbeitstag des Bäckers kurz nach Mitternacht beginnt. Zeitintensiv ist die Arbeit, wird Brot auf herkömmliche Weise gebacken. Gehen muss der eine Teig, Körner für den anderen müssen eingequollen werden. Es wird geknetet und gewartet, aufgearbeitet und wieder gewartet - viele Arbeitsgänge fügen sich aneinander bis das Biobrot an die Kunden kommen kann, egal ob über den Verkauf im eigenen, winzigen Laden, über Vertragspartner oder Versand. Auch Zeit für Märkte muss sich noch finden, beispielsweise dem Bio-Abendmarkt in Halle, zu dem sich einmal monatlich von 16 bis 20 Uhr Bio-Landwirte, -Hersteller und Händler aus der Region auf dem halleschen Hallmarkt präsentieren, das nächste Mal am 2. Februar. Vielleicht gibt es dann demnächst auch Gerhild Fischers Dinkeltaler. Deren Rezeptur hat die 47-Jährige selbst entwickelt, und wenn sie da von Vollkornschrot, Orangeat, Zitronat und Pflaumenmus erzählt, dann klingt das sehr lecker und beweist einmal mehr, dass Bio längst im Trend liegt.
Die Bäckerei Fischer im Netz: www.biobrotfischer.de