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Führte Nachbarschaftsstreit zum Dreifachmord?

24.09.2008, 15:24

Gifhorn/dpa. - Ein Nachbarschaftsstreit unter Rentnern ist möglicherweise Auslöser des Dreifachmordes in einer Kleingartenkolonie in Gifhorn in Niedersachsen. Die Polizei fahndet nach einem flüchtigen 65-Jährigen, der seine Gartennachbarn erschlagen haben soll.

Gegen den Mann bestehe ein konkreter Tatverdacht, sagte der Leiter der Mordkommission, Jürgen Schmidt, am Mittwoch. Die Leichen eines 64 und 59 Jahre alten Ehepaares und ihres 33-jährigen Sohnes waren am Dienstagnachmittag auf einem Trampelpfad zwischen zwei Laubenkolonien entdeckt worden.

Der Täter habe relativ überraschend mit einem Werkzeug heftig auf die Opfer eingeschlagen, sagte Schmidt. Die drei sind nach Erkenntnis der Staatsanwaltschaft Hildesheim nacheinander ermordet worden. Es könnte sein, dass der zweite und dritte Mord begangen wurden, um den ersten zu vertuschen. Gegen den 65 Jahre alten Nachbarn wird wegen dreifachen Mordes ermittelt. Der Fundort der Leichen sei nicht der Tatort, erklärte der Ermittler. Die Bluttat sei aber in der Nähe passiert.

Der Tatverdächtige und das 64 Jahre alte Opfer seien in Ermittlungen wegen zerstochener Reifen, abgebrannter Lauben, leichter Körperverletzung und Beleidigung verwickelt gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Bernd Seemann aus Hildesheim. Die Verfahren seien aber mangels Beweisen alle eingestellt worden.

Die Polizei fahndet intensiv nach dem Nachbarn, der möglicherweise zu Fuß in Gifhorn oder Umgebung unterwegs ist. Neben Hundertschaften, die auch angrenzende Waldgebiete durchkämmen, setzt die Polizei Suchhunde und Hubschrauber ein. Der 65-Jährige ist seit Dienstagnachmittag, kurz nachdem die Leichen entdeckt wurden, auf der Flucht. Die Ermittler gehen nicht davon aus, dass er bewaffnet ist.

Die Familie war noch am Montagabend gegen 19.30 Uhr lebend in ihrer Gartenlaube in der Nähe des Leichenfundortes gesehen worden. Eine Nachbarin will gegen 20 Uhr Hilferufe gehört haben, die sie aber nicht der Polizei meldete. So entdeckte erst ein Kleingärtner am Dienstagnachmittag die drei Toten.

«Es ist sehr selten, dass drei Menschen auf einmal getötet werden», erklärte der Kriminalpsychologe und Experte für Täterprofile, Jens Hoffmann, am Mittwoch. Dass die Familie erschlagen wurde, könnte ein Hinweis auf eine große Wut des Täters sein, erklärte der Leiter des Instituts Psychologie und Sicherheit in Aschaffenburg (Bayern). Aus der Distanz zu morden, zum Beispiel mit einer Schusswaffe, sei wesentlich unpersönlicher.

Nachbarschaftsstreitigkeiten können so weit eskalieren, dass der Täter bereit sei, mit seinem Gegner «gemeinsam in den Abgrund zu stürzen», erklärte Inka Heisig vom Bundesverband Mediation im Gespräch mit der dpa. «Das kocht so weit hoch, dass der Feind zur Sache erklärt wird und die Hemmschwelle sinkt, brachiale Gewalt anzuwenden.»