Bundeskanzler in Osnabrück „Friedenskanzler“ Merz: Drei Erkenntnisse vom CDU-Parteitag
Applaus für den Kanzler, Rückenwind für Landeschef Lechner – und umfassende Forderungen für eine neue Bildungspolitik: Die CDU Niedersachsen präsentiert sich in Osnabrück kämpferisch.

Osnabrück - Zwei Tage lang hat Niedersachsens CDU auf einem Parteitag in Osnabrück beraten: Während Bundeskanzler Friedrich Merz kritisch auf die bisherige Arbeit der Bundesregierung blickte, nutzte der im Amt bestätigte CDU-Landeschef Sebastian Lechner die Bühne, um sich als möglicher Herausforderer von Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) in Stellung zu bringen. Drei Erkenntnisse:
1. Merz hat die Rückendeckung der CDU in Niedersachsen
Umfragen bescheinigen der von Friedrich Merz geführten schwarz-roten Bundesregierung einen holprigen Start. In Osnabrück aber wird Merz von den Delegierten mit lang anhaltendem Applaus gefeiert.
Dabei gibt sich der Kanzler mit Blick auf die bisherige Regierungsarbeit selbstkritisch. Eine neue Migrationspolitik und Impulse für eine wirtschaftliche Wende seien angestoßen worden. Aber: „Ich bin mit dem, was wir bis jetzt geschafft haben, nicht zufrieden. Das muss mehr werden.“
Am Zuge sieht der CDU-Chef dabei offensichtlich vor allem die SPD. Um zu zeigen, dass Deutschland erfolgreich aus der Mitte heraus regiert werden kann, wünsche er sich eine SPD, die den gemeinsamen Weg „migrationskritisch und industriefreundlich“ fortsetzt, forderte Merz.
Zugleich müsse die Koalition besser kommunizieren: Miteinander reden, nicht übereinander, so lautet Merz' Appell sowohl an die SPD als auch an die eigene Partei.
Landeschef Lechner hatte tags zuvor gesagt, die Bundesregierung werde ihm viel zu negativ kommentiert. Die neuen Grenzkontrollen führten zu sinkenden Asylzahlen, für die Wirtschaft gebe es Erleichterungen und in der Außenpolitik spielten nun wieder deutsche und europäische Interessen eine Rolle – „und nicht der Feminismus“.
Den Kanzler lobte Lechner zudem ausdrücklich für dessen Einsatz für Frieden in der Ukraine: „Wir sind wirklich dankbar, wie du als Friedenskanzler in der Welt für unsere Interessen unterwegs bist.“
2. Lechner bringt sich als neuer Ministerpräsident in Stellung
Sebastian Lechner bleibt der starke Mann der CDU in Niedersachsen. Mit 95 Prozent bestätigten die Delegierten ihn als Landesvorsitzenden. Bei seiner ersten Wahl 2023 lag die Zustimmung mit 89 Prozent noch etwas niedriger.
Rückenwind also für Lechner, um 2027 Ministerpräsident Olaf Lies von der SPD herauszufordern. In einer kämpferischen Rede warf der 44-Jährige, der in Doppelfunktion zugleich Fraktionschef im Landtag ist, Rot-Grün eine zu zögerliche und ideologiegetriebene Politik vor. Das Ergebnis seien Missstände in Schulen, Industrie und Infrastruktur.
Auch ein erstes Wahlversprechen für 2027 stellte Lechner ins Fenster: Den Kommunen werde die CDU im Falle eines Wahlsiegs vorschlagen, fast alle Förderprogramme für sie abzuschaffen und ihnen das Geld stattdessen über den kommunalen Finanzausgleich direkt auszuzahlen.
Als industrieller Energie-Hotspot mit Zugang zur See habe Niedersachsen eine große Chance, sich als eine führende Wohlstandsregion in Deutschland zu etablieren, sagte Lechner. „Das muss auch unser Anspruch sein. Warum sollen Bayern und Baden-Württemberg immer die ersten Plätze belegen? Sie müssen unseren Atem im Nacken spüren, wenn wir sie überholen.“
3. CDU will Handyverbot und mehr Leistung an Schulen
Landespolitischer Schwerpunkt des Parteitags war die Bildung. Ein ganzes Bündel an Forderungen stellte die CDU auf, damit die Schulen und Kitas stärker auf Leistung getrimmt werden. Darunter:
- Aufnahmetests an Gymnasien: Mittlerweile werde jedes zweite Kind am Gymnasium angemeldet, sagte der Landtagsabgeordnete Christian Fühner. Einige Schulen müssten dadurch auslosen, wer einen Platz bekommt – und teils leistungsstarke Kinder ablehnen, während Kinder ohne entsprechende Empfehlung angenommen werden. Die CDU fordert deshalb verbindliche Empfehlungen für den Schulwechsel nach der 4. Klasse sowie die Möglichkeit von Aufnahmetests an den Gymnasien.
- Flexible Eingangsstufe: Die Schuljahre 1 und 2 sollen laut CDU an allen Grundschulen eine flexible Eingangsstufe werden, die in ein bis drei Jahren durchlaufen werden kann. Damit sollen unterschiedliche Voraussetzungen zum Schulstart frühzeitig ausgeglichen werden.
- Sprachtests für Vierjährige: Bei allen Kindern – nicht nur denen, die zur Kita gehen – sollen frühzeitig die Deutschkenntnisse erhoben werden. Wer es brauche, solle danach eine verbindliche Sprachförderung schon vor der Einschulung erhalten. Ansonsten wären die Grundschullehrer überfordert, sagte Fühner: „Wir haben überhaupt nichts gegen Mehrsprachigkeit. Aber es ist entscheidend für die Integration, dass man in Deutschland Deutsch sprechen kann.“
- Verlässliche Kita-Betreuung: Damit die Kitas mehr Fachkräfte bekommen und Eltern sich auf die Betreuung verlassen können, wirbt die CDU für eine praxisorientierte und vergütete Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern.
- Handyverbot: Bis zur Oberstufe will die CDU Handys aus den Schulen verbannen. Das soll weniger Ablenkung und mehr Konzentration im Unterricht ermöglichen.