Frankreich Frankreich: Brutaler Vierfachmord zerstört Familienidyll

London/AFP. - Ein hübsches und großzügig geschnittenes Fachwerkhaus im beschaulichen Claygate, 30 Kilometer südlich von London, davor eine großzügige Rasenfläche und eine hohe Hecke, die das Familienleben vor den Blicken Außenstehender schützt: Es ist dieses Haus, das die Familie al-Hilli vor rund einer Woche verließ, um den Urlaub in Frankreich zu verbringen, wie so oft zuvor. Ein Urlaub, aus dem Saad al-Hilli und seine Frau Ikbal nie zurückkehren werden.
Denn auch wenn die französischen Behörden sich mit offiziellen Bestätigungen zurückhalten: Allen Anschein nach war es die ursprünglich aus dem Irak stammende Familie al-Hilli, die am Mittwochnachmittag auf einem Waldparkplatz in einer Urlaubsregion nahe der ostfranzösischen Stadt Annecy Ziel eines brutalen Mordangriffs wurde.
Saad und Ikbal wurden erschossen in ihrem BMW aufgefunden, die beiden kleinen Töchter des Paars überlebten, die eine schwer-, die andere wie durch eine Wunder unverletzt. In dem BMW wurde zudem eine weitere Frau tot aufgefunden, womöglich die Großmutter der Mädchen, von der bislang nur die schwedische Staatsbürgerschaft bestätigt wurde. Mit einem Kopfschuss wurde zudem ein Fahrradfahrer getötet, der den Tatort vermutlich zufällig passierte.
In Claygate herrscht Entsetzen. „Sie waren liebenswert, sehr freundlich, und die Kleinen sind wirklich süß“, sagt eine Nachbarin. Julian Stedman, der ebenfalls in Claygate lebt, arbeitete seit acht Jahren als Buchhalter für den 50-jährigen Saad al-Hilli, er bezeichnet ihn als „Kunden“, aber auch „Freund“, ein „fröhlicher“ Mann, der auch sehr hart gearbeitet habe. „Ein wunderbarer Typ mit wunderbaren kleinen Töchtern, die er liebte“, sagt Stedman.
Ein Nachbar berichtet, die Familie al-Hilli habe den Irak in den 1970er Jahren aus politischen Gründen verlassen und sei nach Großbritannien gekommen. Saad al-Hilli ging in Pimlico im Zentrum von London zur Schule, seine etwas jüngere Frau studierte Zahnmedizin. Später gründete Saad al-Hilli die Informatik-Beratungsfirma Shtech. Seine Frau ist im Handelsregister als Sekretärin von Shtech eingetragen, sie kümmerte sich aber die meiste Zeit um ihre beiden Töchter, wie Nachbarn erzählen.
Zuletzt arbeitete der Informatikexperte al-Hilli als Berater für SSTL, eine zum Rüstungs- und Luftfahrtkonzern EADS gehörende Firma im Bereich des Satellitenbaus. Gefährliche Geheimnisse habe al-Hilli aber wohl nicht gekannt, sagt sein Buchhalter Stedman. „Er hatte nichts mit irgendwelchen Rüstungsprojekten zu tun.“
Stedman sah al-Hilli zuletzt vor einer Woche. Er brachte ihm am Mittwochnachmittag noch Steuerunterlagen zum Unterschreiben vorbei, am Abend dann brach die Familie al-Hilli auf, um mit der Fähre den Ärmelkanal zu überqueren und die Ferien in Frankreich zu verbringen. „Sie haben viel Urlaub in Frankreich gemacht“, erinnert sich Stedman.
Am Donnerstag durchsuchen britische Polizisten das Fachwerkhaus der Familie im idyllischen Claygate. Um die Identität der Opfer endgültig festzustellen, brauchen die französischen Ermittler Fingerabdrücke und DNA-Proben.