Flugzeugunglück am Bodensee Flugzeugunglück am Bodensee: 71 Menschen sterben nach Kollision in Luft

Überlingen/Moskau/dpa. - Grund für die Katastrophe war nach Angaben der SchweizerFlugsicherung Skyguide die zeitgleiche Verringerung der Flughöhe beider Maschinen. Skyguide hatte zum Zeitpunkt des Absturzes über deutschem Gebiet offiziell die Kontrolle über die Flugzeuge. Nach Aussage des in Zürich zuständigen Leiters Toni Maag ist der russische Pilot nur etwa eine Minute vor der Kollision von der Gefahrenlage informiert worden. Dies sei «ein bisschen spitz», aber nochvertretbar gewesen, sagte Maag laut dem Schweizer Radio DRS. Dabei habe der Lotse den Piloten drei Mal ansprechen müssen, bevor dieser eine Rückmeldung gegeben habe. Flugexperten sprachen im deutschen und Schweizer Fernsehen am Dienstagabend von einer extrem kurzen Vorwarnzeit.
Das russische Charterflugzeug und die DHL-Boeing flogen zu diesem Zeitpunkt auf 11 500 Meter Höhe über dem Boden. Bei Überlingen am Bodensee sollten sie kreuzen. Der Fluglotse in Zürich wollte die russische Maschine auf eine tiefere Ebene holen. Inzwischen hatte aber auch das elektronische Alarmgerät der Frachtmaschine registriert, dass sich eine Maschine näherte und gab Befehl zum Sinken, den der Pilot wie vorgeschrieben sofort und ohne weitere Rücksprache befolgte. Zwischen 23.35 und 23.36 Uhr rasten dieMaschinen im Sinkflug ineinander.
Die Wrackteile wurden in einem Umkreis von 25 Kilometern amnordwestlichen Ufer des Bodensees verstreut. Die Bergungskräfte fanden bis zum Dienstagabend 26 Leichen. «Wir haben an 57 Fundorten Wrack- und Gepäckteile gefunden. Die Leichenteile lagen konzentriert an vier Orten», sagte der Landespolizeipräsident Erwin Hetger. Einige Tote saßen angeschnallt in ihren Sitzen. Polizisten entdeckten noch in der Nacht den Flugschreiber der Tupolew. Später wurde ein Stimmenrekorder gefunden, es war aber laut Polizei noch unklar, zu welcher Maschine er gehörte. Insgesamt waren 800 Polizisten und Rettungskräfte sowie 500 ehrenamtliche Helfer im Einsatz.
Nach Angaben der Fluglinie Bashkirian Airlines kamen in derTupolew 52 Kinder, 5 erwachsene Begleiter und 12 Besatzungsmitglieder ums Leben. 8 Kinder seien jünger als 12 Jahre gewesen. 44 waren Jugendliche im Alter bis 16 Jahre, teilte die Fluglinie in Ufa in der Teilrepublik Baschkirien mit. Die Kinder wollten zwei Wochen Urlauban der nordostspanischen Costa Dorada verbringen. Ein britischer und ein kanadischer Pilot steuerten die Boeing 757, die in Bahrein gestartet war und nach Brüssel flog.
«Als wenn es am Himmel brennt», schilderte Klaus Barinka, Kapitän einer Bodenseefähre, die Katastrophe. Eine Familie kam mit dem Schrecken davon: In ihren Garten, nur wenige Schritte vom Wohnhaus entfernt, stürzten das Fahrwerk, der Bauch, mehrere Räder und vermutlich Teile der Tragfläche der Tupolew. Leichenteile lagen in einigen Metern Entfernung auf der Wiese, daneben der Flugschreiber.
Häuser wurden durch die Wrackteile aber nicht zerstört. Die meisten Flugzeugtrümmer lagen im Hinterland von Überlingen. Dort gedachten die Bewohner am Abend bei einem ökumenischen Gottesdienst der Opfer. Die Angehörigen aus der russischen Teilrepublik Baschkirien sollten am Donnerstag nach Deutschland fliegen. Eine russische Expertenkommission traf am Dienstagabend im Unglücksgebiet ein.
