Unterrichtsversorgung Maßnahmen gegen Lehrermangel stoßen auf viel Kritik
Sachsens Kultusminister will den Stundenausfall an Schulen halbieren. Dafür greift er auch in bisherige Besitzstände ein. Die Kritik folgt auf den Fuß.

Dresden - Sachsens Kultusminister Conrad Clemens (CDU) hält an seinem umstrittenen Maßnahmenpaket zur Absicherung des Schulunterrichtes fest und erntet dafür viel Kritik. „Ich weiß, dass die Maßnahmen nicht populär sind. Sie sind aber absolut notwendig“, sagte er. Alle Maßnahmen seien mit einem Verfallsdatum versehen, am 31. Juli 2030 würden sie auslaufen und evaluiert.
Minister sieht Licht am Ende des Tunnels
Clemens geht davon aus, dass der Lehrermangel bis dahin Geschichte ist. Schon im kommenden Schuljahr gebe es 2.500 Mädchen und Jungen weniger in den Grundschulen. „Wir werden in wenigen Jahren darüber sprechen, dass wir keinen Lehrermangel mehr haben.“ Die jetzt ergriffenen Maßnahmen würden schon in diesem Herbst eine erste Wirkung zeigen.
Sachsen fehlen mindestens 1.400 Lehrer in Vollzeit
Laut Kultusministerium fehlen in Sachsen derzeit mindestens 1.400 Vollzeit-Lehrer. Im ersten Schulhalbjahr 2024/2025 lag der Anteil ausgefallener Unterrichtsstunden bei 9,4 Prozent. Je nach Schulform und Region gebe es aber deutlich mehr Ausfall. Clemens zufolge sollen die Maßnahmen dazu beitragen, die Oberschulen zu stärken, Lehrer zu entlasten und Bürokratie abzubauen.
Kultusminister bessert bei Altersermäßigung nach
In einem Punkt besserte der Kultusminister bezogen auf einen ersten Entwurf nach. Die Altersermäßigungen - Stunden, die Lehrer ab einem bestimmten Alter weniger halten müssen - werden angepasst. Ab dem 60. Lebensjahr gibt es nun eine Ermäßigungsstunde. Mit dem Erreichen des 62., 64. und 66. Lebensjahres folgen weitere Stunden - also insgesamt vier. Aktuell sind es drei Stunden weniger ab dem 58. Lebensjahr.
Künftig weniger Klausuren und Klassenarbeiten
Weitere Punkte der insgesamt 21 Maßnahmen betreffen den Unterricht. So werden mehr digitale Formate und mehr fächerübergreifender Unterricht angestrebt. Klausuren und Klassenarbeiten sollen reduziert werden, um den Korrekturaufwand zu verringern. Auch bei den Prüfungen gerade in der Oberschule soll es Erleichterungen geben. Zudem wird der Unterricht in den Klassen für Kinder aus Migrantenfamilien gestrafft. Sogenannte Anrechnungsstunden, die Lehrer für bestimmte Tätigkeiten als Entlastung gewährt bekommen, sollen um etwa 10 Prozent gekürzt werden.
Gewerkschaft GEW ist wütend
Bei den Interessenvertretungen der Lehrerschaft fiel das Maßnahmenpaket durch. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warf Clemens „Ignoranz in der Diskussion um Bildungsqualität und Unterrichtsabsicherung“ vor.
Statt auf Verhandlungsangebote einzugehen und die Maßnahmen grundlegend zu überarbeiten, habe es nur „Scheinbeteiligung“ und strategische Spielchen gegeben, warf GEW-Chef Burkhard Naumann dem Minister vor. „Das Gesamtpaket wird die Schulbildung in Sachsen nachhaltig beschädigen. Wir sind wütend.“
Lehrerverband: Belastung für Lehrer wird zunehmen
Der Sächsische Lehrerverband (SLV) überschrieb seine Stellungnahme mit „Ziel verfehlt“ und wies die geplanten Maßnahmen zurück. „Die Vorhaben gehen einseitig zulasten der Lehrkräfte, werden den Krankenstand weiter in die Höhe treiben und die vorzeitige Beendigung des Schuldienstes mit 63 Jahren zusätzlich begünstigen“, hieß es.
„Diese Maßnahmen werden die Unterrichtsversorgung nicht verbessern. Im Gegenteil: Die Belastung an den Schulen wird noch stärker zunehmen, die Stimmung bei den Betroffenen weiter kippen“, so SLV-Vorsitzender Michael Jung. Trotz massiver Proteste und offener Kritik halte Clemens unbeirrt an seinem Kurs fest.
Die Grünen im Sächsischen Landtag warfen Clemens „kosmetische Änderungen statt echter Kompromissbereitschaft“ vor. „Dieses Ergebnis ist enttäuschend für die Lehrkräfte in Sachsen. Die Maßnahmen sind im Vergleich zum ersten Vorschlag nahezu unverändert und gehen kaum auf die Kritik der Betroffenen ein“, sagte die grüne Bildungsexpertin Christin Melcher. Ähnlich äußerten sich Vertreter anderer Parteien.