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Fernsehen Fernsehen: Gelbe Familie wird 20 Jahre

Von Nada Weigelt 11.12.2009, 21:34

New York/dpa. - Sohn Bart (10) ist ein frecher, frühreifer Rotzlöffel,Tochter Lisa (8) eine Klugscheißerin und die kleine Maggie (1) hatnichts anderes im Kopf als ihren Schnuller.

Dennoch sind «Die Simpsons» weltweit beliebt wie kaum eine andereFamilie. Die nach ihnen benannte amerikanische TV-Comicserie ist mitihrem hintergründigen Humor und ätzenden Spott die erfolgreichste undam längsten laufende Zeichentrickreihe der Welt. Am Donnerstag (17.Dezember) feiern die Helden aus dem fiktiven Städtchen Springfield20. Geburtstag - und sind noch so frech, aufmüpfig und anarchisch wieeh und je.

Als der Schöpfer der Simpsons, der arbeitslose Comiczeichner undGelegenheitschauffeur Matt Groening, Mitte der 80er Jahre den Auftragfür eine Fernseharbeit bekam, sollte er eigentlich nur einenPausenfüller für eine etablierte TV-Show schaffen. Doch seine gelbenFiguren mit den großen Glubsch-Augen, dem ausgeprägten Überbiss undnur vier Fingern an einer Hand waren bald so beliebt, dass derFernsehsender Fox Network ein eigenes Format daraus machte.

Eine Zeichentrickserie für Erwachsene zur besten Sendezeit - dashabe es bis zur Premiere der ersten Folge am 17. Dezember 1989 nichtgegeben, sagt Produzent Al Jean. Seither sind in den USA fast 450Folgen gelaufen. In Deutschland startete die Reihe 1991 im ZDF, seit1994 wird sie auf ProSieben ausgestrahlt und ist auch beimDigitalsender Sat.1 Comedy zu sehen.

Für Millionen Menschen in mehr als 90 Ländern prägt die chaotischeTV-Familie das Bild Amerikas. Es gibt unzählige Fanclubs in allerWelt, ein eigenes Wissenslexikon im Internet, das in Anlehnung anWikipedia «Simpsonspedia» heißt, und eine schier unüberschaubare Flutvon Artikeln aus dem Reich der Simpsons - von Comics über Videospielebis zu T-Shirts, Kaugummis und sogar Nudeln.

Mehr als 2,5 Milliarden Dollar soll der Sender Fox inzwischen mitder Anarcho-Familie verdient haben - die 527 Millionen Dollar aus demgleichnamigen Kinohit von 2007 noch gar nicht mitgerechnet.Wissenschaftler versuchen das Erfolgsgeheimnis der Serie zuergründen, die auf unterschiedliche Weise Kinder wie Erwachseneanzieht.

«Unterhalten und untergraben, das ist mein Motto», sagt derinzwischen 55-jährige Groening. Nach diesem Grundsatz nehmen dieMacher alles aufs Korn, was der US-Mittelstandsgesellschaft lieb undheilig ist: Die Politiker in Homers Reich sind korrupte Gauner, dieLehrer faule Säcke und sein Chef im Atomkraftwerk ein böserKapitalist. Autoritäten werden in Frage gestellt, doppelbödige Moralentlarvt. «Nehmt nicht mich!», ruft Homer einmal, als Aliens ihnentführen wollen. «Ich habe Frau und Kinder! Nehmt die!»

Die Serie wurde mit Preisen überschüttet - sie kann allein 26Annie Awards für Animationsfilme und 24 Emmy-Fernsehpreise vorweisen.Im Jahr 2000 erhielten die Simpsons einen Stern auf dem Hollywood-«Walk of Fame«. Und die Größen der US-Unterhaltungsindustrie stehenSchlange, um in der Kult-Reihe als Comicfigur aufzutreten.

Zu den prominenten Gästen gehören bisher etwa Bono und MickJagger, Bill Clinton und Stephen Hawking, Liz Taylor und MerylStreep. Popstar Michael Jackson schrieb 1990 an Barts Single «Do TheBartman» mit. Und sogar der sonst nie sichtbare US-Autor ThomasPynchon erklärte sich zu einem animierten Auftritt bereit - ererschien incognito, mit Papiertüte über dem Kopf. In Deutschlandleihen Norbert Gastell und Anke Engelke dem ungleichen Ehepaar ihreStimmen.

Längst ist es nicht mehr nur Matt Groening, sondern ein ganzesTeam von Künstlern und Autoren, das die beliebte Mischung ausKlamauk, hanebüchenen Witzen und bitterbösem Humor anrührt. Selbstder eigene Sender bleibt vor Kritik nicht verschont. So nahmen dieMacher 2003 die stockkonservative Haltung von Fox auf die Schippe,indem sie bei der Familie Simpson einen Nachrichtenticker laufenließen mit Meldungen wie: «Studie: 92 Prozent aller Demokraten sindschwul» und «Streitthema: Verursachen Demokraten Krebs?»

In den USA wird der Geburtstag der aufmüpfigen Gelbhäute am 10.Januar mit einer Sondersendung gefeiert, unmittelbar zuvor läuft die450. Folge als Jubiläumsfilm mit den Stimmen von Anne Hathaway,Eartha Kitt und Jackie Mason. Das amerikanische «Playboy»-Magazinhatte die Serie schon im November gewürdigt, als die sonst sobodenständige Mutter Marge mit ihrer blauen Turmfrisur kess das Coverzierte.

Trotz aller Lobeshymnen zum Geburtstag machen sich die Produzentenjedoch keine Illusionen über die Gründe ihres Erfolgs. «Wir geben unsimmer wieder eine Wahnsinnsmühe mit den Dialogen und diesensuperfeinen Anspielungen auf Filme und Bücher», sagte Groeningeinmal. «Aber dann kriegt den größten Lacher Homer, wenn er nachseinem Bierchen rülpst.»