Ex-Psychiatrie-Patient Ex-Psychiatrie-Patient: Mollath wohnt vorerst bei Freund

Nürnberg/dpa - Der nach sieben Jahren aus der Psychiatrie entlassene Gustl Mollath ist vorerst bei einem Schulfreund im Raum Nürnberg untergekommen. Über den genauen Aufenthaltsort wollten Mitglieder von Mollaths Unterstützerkreis zunächst keine Angaben machen. „Gustl Mollath will erst einmal Ruhe vor den Medien haben“, sagte Gerhard Dörner, einer von Mollaths engsten Freunden, am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Erst in den nächsten Tagen wolle er den Kontakt zur Öffentlichkeit suchen.
Der 56-Jährige war am Dienstag überraschend aus der Psychiatrie entlassen worden, das Strafverfahren gegen ihn wird neu aufgerollt. Das hatte das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg angeordnet. Nach Ansicht von Mollaths Anwalt Michael Kleine-Cosack war die Entscheidung dringend notwendig. „Das OLG Nürnberg hat zumindest die Sensibilität gezeigt, dass eine längere Freiheitsentziehung bei Herrn Mollath nicht mehr zu rechtfertigen sei“, sagte Kleine-Cosack am Mittwoch dem ZDF-„Morgenmagazin“.
Mollath wird von seiner Frau wegen Körperverletzung angezeigt. Er soll sie im August 2001 mindestens 20-mal geschlagen haben. Außerdem habe er sie gebissen, getreten und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt. Mollath bestreitet die Vorwürfe.
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth erhebt Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung.
Die Hauptverhandlung beginnt vor dem Amtsgericht Nürnberg. Ein Gutachter attestiert Mollath gravierende psychische Störungen.
Mollath erstattet Strafanzeige gegen seine Frau, die als Vermögensberaterin bei der HypoVereinsbank arbeitet, weitere Mitarbeiter und 24 Kunden der Bank. Vorwurf: Steuerhinterziehung, Schwarzgeld- und Insidergeschäfte. Die Anzeige wird später von der Staatsanwaltschaft abgelegt, weil die Angaben zu unkonkret seien.
Ein Gutachter bescheinigt Mollath wahnhafte psychische Störung und paranoide Symptome. Das Landgericht Nürnberg spricht ihn wegen Schuldunfähigkeit frei, ordnet aber seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, weil er eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle.
Der Bundesgerichtshof verwirft Mollaths Revision.
Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) sagt im Landtag, Mollaths Strafanzeige wegen der Bankgeschäfte seiner Frau sei „weder Auslöser noch Hauptanlass noch überhaupt ein Grund für seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gewesen“. Seine Vorwürfe hätten keinen begründeten Anfangsverdacht ergeben.
Ein interner Revisionsbericht der HypoVereinsbank aus dem Jahr 2003 wird publik. Danach traf ein Teil von Mollaths Vorwürfen zu. Die Freien Wähler fordern Merks Rücktritt und einen Untersuchungsausschuss.
Merk will den Fall Mollath komplett neu aufrollen lassen und ordnet einen Wiederaufnahmeantrag wegen möglicher Befangenheit eines Richters an.
Die Staatsanwaltschaft beantragt die Wiederaufnahme wegen Tatsachen, die dem Gericht bei der Verurteilung 2006 noch nicht bekannt gewesen seien. Entscheiden muss das Landgericht Regensburg.
Im bayerischen Landtag tritt der Untersuchungsausschuss zusammen, der den Fall durchleuchten soll.
Das Landgericht Regensburg lehnt eine Entscheidung über Mollaths Unterbringung vor Prüfung des Wiederaufnahmeantrags ab.
Der Untersuchungsausschusses geht zu Ende. SPD, Grüne und Freie Wähler bescheinigen Merk und den Ermittlern schwere Fehler und verlangen die Entlassung der Ministerin. CSU und FDP sehen keine Fehler bei Merk.
Nach dem Landgericht Regensburg weist auch das Oberlandesgericht Nürnberg einen Befangenheitsantrag von Mollaths Anwalt gegen einen Richter ab.
Das Landgericht Regensburg weist die Anträge zur Wiederaufnahme des Mollath-Prozesses zurück.
Das Oberlandesgericht Nürnberg hebt die Regensburger Entscheidung auf. Das Gericht ordnet die Wiederaufnahme des Strafverfahrens sowie die sofortige Freilassung Mollaths an.
Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) habe in dem Fall „eine unglückliche Rolle gespielt“. Als „gravierende neue Tatsachen bekanntwurden, hätte Frau Merk etwas früher schalten müssen“, sagte Kleine-Cosack.
Merk verteidigte ihr spätes Handeln erneut. Sie habe erst aktiv werden und ein neues Verfahren fordern können, als es einen tatsächlichen Wiederaufnahmegrund gegeben habe, sagte sie im ZDF-„Morgenmagazin“. Das sei erst im November 2012 der Fall gewesen - bis dahin habe sie das rechtskräftige Urteil akzeptieren müssen. „Ich habe die Möglichkeiten genutzt, die ich hatte.“ Auch Koalitionspolitiker werfen der Justizministerin vor, die Brisanz des Falls zu spät erkannt zu haben.
Die Nürnberger Richter begründeten ihre Entscheidung mit Zweifeln an einem Attest einer Arztpraxis. Die Praxis hatte vor Jahren die angeblichen Verletzungen dokumentiert, die Mollath seiner Ehefrau zugefügt haben soll. Nach Angaben des Gerichts war Mollaths Frau im Juni 2002 jedoch nicht von ihrer Hausärztin, sondern von deren Sohn untersucht worden. Damit sei das Attest ein „falsches Dokument“, was nach der Strafprozessordnung eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertige.